„Wir müssen den Menschen von Gott erzählen, weil seine Botschaft mit ihrem Leben zu tun hat.“ Man kann Annette Kurschus förmlich abspüren, wie leidenschaftlich sie Theologie betreibt. Kurschus ist leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen, weshalb sie den Titel „Präses“ trägt; übersetzt: Vorsitzende. „Das ist im Grunde so etwas wie Landesbischöfin, nur dass dazu weitere Funktionen kommen“, erklärt sie auf dem Roten Sofa der evangelischen Kirchenpresse (Info siehe unten).
Theologie ist für Kurschus keine weltfremde Wissenschaft, sondern handfeste Hilfe zum Leben. „Wir müssen immer wieder darum ringen, was das konkret für uns bedeutet“, so Kurschus. Die westfälische Landeskirche ist die Gastgeberin beim Kirchentag 2019 in Dortmund, und so ist die Präses eine gefragte Gesprächspartnerin.
Beim Roten Sofa erklärt sie, wie sich die westfälische Kirche zusammensetzt. Erzählt von den unterschiedlichen Ausprägungen in Temperament und Frömmigkeit, welche die Regionen so unterschiedlich machen. Siegerland. Sauerland. Paderborn. Münster. Und natürlich das Ruhrgebiet. „Es ist nicht immer ganz einfach, das alles unter einem Hut zu halten“, erklärt sie. „Aber bislang haben wir das als presbyterial-synodal verfasste Kirche immer noch ganz gut hinbekommen.“
Zum Beispiel bei der Diskussion um das Familienbild der evangelischen Kirche und deren Umgang mit der Frage nach Segnung oder gar Trauung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. „Wenn wir diese Frage stur mit Mehrheitsentscheidung auf der Landessynode (Anm. d. Red.: Kirchenparlament) entschieden hätten, wäre uns die Landeskirche auseinandergeflogen“, ist sich Kurschus sicher. Stattdessen habe es über mehrere Jahre ein intensives, gemeinsames Ringen um das Verständnis von biblischen Botschaften zu diesem Thema gegeben. „Wir haben gelernt: Man darf einzelne Stellen nicht isoliert verstehen“, so die Präses. „Die Botschaft der Bibel erschließt sich nur im Zusammenhang.“
Weitere Gäste auf dem Roten Sofa waren am Freitag etwa der Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Robert Habeck, der katholische Kardinal Reinhard Marx, die Schauspielerin Uschi Glas, Margot Käßmann, der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm und Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau.
Das Programm am Samstag, 22. Juni:
11 – 11.30 Uhr:
Volker Jung, Medienbischof der EKD; Interview: Claudia Dinges, München
11.45 – 12.15 Uhr:
Bodo Wartke, Musikkabarettist; Interview: Gerd-Matthias Hoeffchen, Bielefeld
12.30 – 13 Uhr:
Denis Mukwege, Friedensnobelpreisträger, Arzt; Interview: Philipp Gessler, Berlin
13.30 – 14 Uhr:
Heiko Maas (SPD), Bundesaußenminister; Interview: Jörg Bollmann, Frankfurt/Main
14.15 – 14.45 Uhr:
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland; Interview: Arnd Brummer, Frankfurt/Main
15.15 – 15.45 Uhr:
Julia Helmke, Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages; Interview: Karsten Frerichs, Frankfurt/Main
16 – 16.30 Uhr:
Kirsten Fehrs, Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck; Interview: Ursula Ott, Frankfurt/Main
16.30 – 17 Uhr:
Judy Bailey, Sängerin; Interview: Tobias Glawion, Stuttgart
Das Interviewprogramm „Rotes Sofa“ läuft noch bis Samstag, 22. Juni, 17 Uhr. Veranstalter ist die evangelische Kirchenpresse, organisiert im Evangelischen Medienverband in Deutschland (EMVD).
Standort: Bühne an der Westfalenhalle (Messegelände, 50 Meter rechts vom Haupteingang; Kirchentags-Stadtplan Nr. 634). Das Programm für alle Tage im Internet: kirchentag.de/rotessofa