Als Botschafter für die Hospizbewegung will der Schauspieler und Entertainer Martin Rassau Berührungsängste vor dem Sterben nehmen. „Über das Sterben zu reden hat noch nie jemand umgebracht“, sei sein Motto, erzählt er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Rassau hat selbst viel Erfahrung mit sterbenden Menschen gesammelt. In den 1990-er Jahren engagierte er sich für die Aidshilfe – „da war ich mehr auf dem Friedhof bei Beerdigungen als auf Hochzeiten“ – danach für die Hepatitishilfe. Sein älterer Bruder sei an Hepatitis gestorben, sagt er.
Nachdem sich der Hepatitishilfeverein aufgelöst hatte, kam Rassau zur Hospizbewegung. „Man erfährt dort ganz viel über die Menschen.“ Der Spaßmacher erkannte: „Jeder, der Hospizhilfe braucht, will auch lachen.“ Die Sterbenskranken wissen nach seiner Erfahrung auch um komische Momente und können mit Humor umgehen. Er erinnert sich an eine Begegnung beim Fasching in Franken in Veitshöchheim, zu dem der „Wünschewagen“ einen Patienten gebracht hatte, der die beiden Spaßmacher „Waltraud und Mariechen“ noch einmal sehen wollte. „Auf Wiedersehen, können wir zu dir wohl nicht sagen“, verabschiedeten sich Rassau und sein Kollege Volker Heißmann und der angesprochene Zuschauer lachte mit.
Auch eine schwer MS-kranke Frau wünschte sich einen Auftritt von Waltraud und Mariechen. „Wir haben dann überlegt, wann wir dafür einen Termin haben und gleich gespürt, das machen wir morgen.“ Wenige Tage nach dem lustigen Auftritt vor Publikum im Wohnzimmer der Familie starb die Frau. Auch bei der Beerdigung seines eigenen Vaters musste Martin Rassau schmunzeln. Damals kondolierte eine Bekannte nicht seiner Mutter, sondern fiel tränenreich der Bestatterin um den Hals. „Das Lachen nimmt der Situation der Schwere“, stellt der Theatermacher fest.
Auch die beiden Witwen Waltraud und Mariechen machen auf der Bühne um das Thema Tod keinen Bogen, sondern mit ihm ihre Späße. Etwa wenn sie nach einer passenden Inschrift für ihren Grabstein suchen: „Lach net, ich würde auch lieber am Strand liegen“, schlägt die eine vor. „Wer erbt, kann auch gießen“ oder „Da hat mich wer reingelegt“ stehen ebenfalls zur Auswahl.
Das Thema Tod müsse raus zu den Leuten, erklärt der 57-Jährige. „Wir haben verlernt, mit dem Tod umzugehen. Früher hat es dazu gehört, dass die Toten zu Hause sterben konnten und mehrere Tage aufgebahrt wurden.“ Dem Hospizverein gehe es um das Leben auf den letzten Metern. „Das soll eine neue Lebensqualität bekommen, die den Menschen den Wunsch nach dem Sterben nimmt.“ Rassau schränkt ein, schwerstkranken Menschen dürfe man aber auch nicht verwehren, „ihren Weg früher zu beenden“.
Rassau würde sich die Aufgabe, die Hospizbegleiter machen, selbst auch zutrauen, hat aber nicht die intensive Ausbildung absolviert. Deshalb bringt er sich mit seiner Reihe „Rassaus Life-Talk“ ein und spricht in den Räumen des Hospizvereins mit Menschen, die der Hospizbewegung nahestehen. Zuletzt war der Kabarettist Matthias Egersdörfer da, dessen Mutter in einem Hospiz gestorben ist. (00/2426/11.08.2024)