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Wenn Unterleibsschmerzen den Alltag bestimmen

Für Sophie Kolter bedeutet ihre Regelblutung vor allem eines: starke Schmerzen. Ihre Beschwerden fingen im Alter von 14 Jahren an, mit Beginn ihrer Periode. „Ich litt unter Krämpfen, die sich bis in Rücken und Beine zogen, hatte mit Erschöpfung und Energielosigkeit zu kämpfen“, sagt die 26-Jährige. „Ich habe mich alle vier Wochen gefühlt, als hätte ich eine Grippe.“ Oft seien die Schmerzen so stark gewesen, dass sie nicht arbeiten konnte.

Die Berlinerin Tanzlehrerin ging zu verschiedenen Gynäkologen, ihre Symptome wurden als normale Regelschmerzen abgetan. „Ich habe mich von Frauenärzten nie ernst genommen gefühlt. Es hieß immer: Endometriose sei unwahrscheinlich, da das erst mit der Zeit stärker werde.“ Erst elf Jahre später, im Alter von 25 Jahren, erhielt Kolter die Diagnose Endometriose.

Schätzungen zufolge leiden zwischen 10 und 15 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter an Endometriose, also an krankhaften Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut. Experten gehen von etwa 40.000 Neuerkrankungen pro Jahr aus. Dennoch ist die Erkrankung weitgehend unerforscht. Woran das liegen könnte, erklärt Markus Fleisch, Direktor der Landesfrauenklinik am Helios Universitätsklinikum Wuppertal. „Die Symptome dieses komplexen Krankheitsbildes können stark variieren und werden oft mit anderen Erkrankungen verwechselt“, sagt Fleisch. Dies erschwere eine rechtzeitige Diagnose und halte die öffentliche Wahrnehmung gering.

Dennoch ist die Forschung in den vergangenen Jahren vorangekommen. Mittlerweile gibt es verschiedene Theorien, wie Endometriose entsteht. „Die populärste ist die Rückfluss-Theorie“, sagt Fleisch. Hierbei wird angenommen, dass während der Menstruation kleine Mengen Menstruationsblut nicht nur aus dem Körper abfließen, sondern auch rückwärts durch die Eileiter in die Bauchhöhle gelangen. Dort könnten sich Endometriumzellen ansiedeln und weiterwachsen.

Er sei immer wieder erstaunt, welche Leidensgeschichten betroffene Frauen mitbringen. „Starke Endometriose-bedingte Beschwerden werden von der Betroffenen und ihrem Umfeld häufig als ‘normal’ verkannt“, sagt Fleisch.

Endometriose kann, je nach Schwere der Erkrankung, einen Einfluss auf die weibliche Fruchtbarkeit haben. „Aber nicht alle Frauen, die an Endometriose leiden, haben automatisch Schwierigkeiten bei der Empfängnis“, betont Fleisch und rät, sich im Falle eines Kinderwunsches frühzeitig von einer Gynäkologin beraten zu lassen.

Ebenso verschieden wie das Erscheinungsbild sind die Behandlungsmöglichkeiten. „Eine der grundlegenden Strategien ist die Schmerzlinderung“, sagt Fleisch. Eine weitere Möglichkeit sei die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel wie der Pille. „In Fällen, in denen die Erkrankung schwerwiegender ist oder zu Unfruchtbarkeit führt, kann ein chirurgischer Eingriff notwendig sein“, sagt der Gynäkologe.

Kolter sagt, sie habe bereits verschiedene Behandlungen hinter sich. „Es wurden immer nur die Symptome behandelt“, kritisiert sie. „Bei einer hormonellen Therapie, der Kupferspirale hatte ich die schlimmsten Schmerzen meines Lebens. Das war traumatisch“, erinnert sie sich.

Sie entschied daher, sich im April 2022 einer Operation zu unterziehen, obwohl ihr Ärzte davon abrieten. Bei dem Eingriff wurden Endometriose-Herde entfernt. „Seit der OP geht es mir deutlich besser“, sagt Kolter. Zudem nimmt sie eine Gestagen-Pille, die verhindert, dass sie ihre Monatsblutung bekommt.

Sie leide unter den psychischen Folgen ihrer Erkrankungen. „Während der Einnahme der Pille hatte ich teilweise Heißhungerattacken. Ich konnte kaum aufhören zu essen.“ Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmungen und eine Angststörung wurden durch die Endometriose bei ihr ausgelöst. „Ich wünsche mir mehr Forschung und Aufklärung“, sagt die junge Frau. Sie hofft, dass sie und andere betroffene Frauen eines Tages schmerzfrei leben können.