In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Neumünster haben sich 14 Väter mit dem Thema „Wenn Papa im Gefängnis ist“ auseinandergesetzt. Aus dem Projekt ist ein kleines Buch entstanden. Es erläutert, wie sich die Haft auf das Familienleben auswirkt, sagt Gesa Kitschke von der Diakonie Altholstein bei der Vorstellung des Buches in der JVA. Gleichzeitig beschreibt es die Auswirkungen auf die Kinder der Inhaftierten.
Das Büchlein „Eine lange Zeit –wenn Papa im Gefängnis ist“ bietet auf seinen 19 Seiten vor allem den Inhaftierten und ihren Familien Orientierung im Umgang mit schwierigen Gefühlen und veränderten Lebensumständen, die sich ergeben, wenn ein Elternteil in Haft ist. Die Geschichte handelt von Kim, deren Vater nicht nach Hause kommt. Das erzählt das Mädchen einer Taube, der sie begegnet. Aus Sicht der Taube wird dann der Gefängnisalltag von Kims Vater beschrieben. Der hat einen strikten Ablauf und auch Arbeit im Gefängnis. Am Ende der Kurzgeschichte ist der Vater dann im offenen Vollzug bis zu seiner Entlassung.
Ein ganz anderes Leben
Die Geschichte beschreibt den Alltag gut: Es muss immer um Erlaubnis gebeten und gefragt werden, berichtet der Inhaftierte, der die Zeichnungen für das Büchlein angefertigt hat. Für ihn ist es wichtig, seiner Familie von seinem Alltag zu erzählen. „Wenn man hier ist, ist es ganz anders, als man sich das von draußen vorstellt. Es ist ein ganz anderes Leben hier.“
Die Idee zum Buch ist aus einem Beratungsangebot in der JVA entstanden. Es ist eine Möglichkeit zum freiwilligen Austausch in der Gruppe, sagt Yvonne Radetzki. Sie ist die Leiterin der JVA Neumünster. Schleswig-Holstein ist eines der wenigen Länder, die so ein Beratungsangebot zum Schwerpunkt haben. In der JVA Neumünster befinden sich aktuell 400 Gefangene bei insgesamt 455 Haftplätzen.
Beim Vorlesen ins Gespräch kommen
Zielgruppe des kleinen Büchleins sind vor allem Kinder und Jugendliche zwischen drei und 15 Jahren, aber auch die erwachsenen Angehörigen der Inhaftierten. „Das Büchlein kann auch als Chance genutzt werden, abends beim Vorlesen ins Gespräch zu kommen“, sagt Kitschke. Es ist gut für die Kinder, wenn sie merken, dass es auch andere Kinder gibt, die in einer ähnlichen Situation sind.
Die Vätergruppe hat sich 15 Monate lang mit der Frage auseinandergesetzt, wie Kinder mit dem Thema Haft umgehen und welche Informationen sie brauchen, um das System Gefängnis zu verstehen. „Wie spreche ich mit meiner Frau und meinen Kindern?“, das ist eine häufige Frage bei den Inhaftierten, sagt Kitschke.
Seit 2015 bietet die Diakonie Altholstein in der JVA Neumünster familienorientierte Beratung an. Das Angebot richtet sich an alle Inhaftierten und ihre Angehörigen und umfasst zusätzlich psychologische Unterstützung für Familien. Das Ziel sei darüber hinaus noch ein anderes: „Nur so können wir Verständnis schaffen für das, was hier passiert, und transparent für die Öffentlichkeit sein“, meint Radetzki. „Außerdem kann das Büchlein helfen, die Väter aus ihrer Sprachlosigkeit herauszubekommen“, ergänzt Kitschke.
„Eine lange Zeit – wenn Papa im Gefängnis ist“ gibt es auch online bei der Diakonie Altholstein.