Macht macht nur bedingt beliebt – früher wie heute müssen gerade Regierende um ihr Ansehen kämpfen, selbst egozentrische US-Präsidenten. Wo das enden kann, zeigt ein Fall aus der deutschen Geschichte.
Sie dachten, diese Geschichte käme ohne Donald Trump aus? Denken Sie noch mal nach… Sei es durch politische Entscheidungen wie Zoll-Hammer und Riviera-Pläne für Gaza oder einfach nur durch selbstgenerierte KI-Bilder, die ihn als Papst zeigen: Trump besitzt ohne Zweifel die Fähigkeit, omnipräsent in der gesellschaftlichen Debatte zu sein; das heißt, jede Entwicklung der Welt irgendwie auf sich selbst zuzuspitzen.
Bei seinen politischen Gegnern haben seine Egozentrik und die Unbeständigkeit seiner Entscheidungen Trump ohnehin schon längst disqualifiziert. Bei seinen Anhängern hingegen lösten selbst die größten Kehrtwenden noch immer Begeisterung aus – bislang zumindest. Denn jüngste Umfragen zeigen eine deutliche Unzufriedenheit mit der Politik des Präsidenten, durch alle Bevölkerungsschichten hindurch.
Beim Nachrichtensender CNN gaben im April nur 41 Prozent an, dass sie zufrieden seien. Und selbst beim Trump eher wohlgesonnenen Sender Fox waren es zeitgleich mit 44 Prozent nur wenige mehr. Trump kommt damit auf ein historisch schlechtes Ergebnis: So unzufrieden waren die US-Bürger seit Jahrzehnten nicht mit ihrem Staatsoberhaupt nach 100 Amtstagen.
Beispiele dafür, wo diese Entwicklung hinführen kann, gibt es reichlich. So bietet sich etwa der römisch-deutsche Kaiser Heinrich V. (geb. 1086-1125) an. Der letzte Herrscher aus dem Geschlecht der Salier, die seit 1024 die römisch-deutschen Könige und Kaiser stellten, erreichte auf seinem Höhepunkt eine Machtfülle wie nur wenige vor ihm. Bei seinem Tod jedoch, vor genau 900 Jahren, war es einsam geworden um ihn. Vom einstigen Glanz war kaum noch etwas übrig.
Wem der Vergleich zwischen dem Präsidenten und dem mittelalterlichen Kaiser zu weit hergeholt scheint, der sei auf einige Gemeinsamkeiten hingewiesen. Beide traten an, um die großen Konflikte ihrer Zeit zu lösen. Was für Trump Ukraine- und Nahostkrieg, war für Heinrich V. vor allem der Investiturstreit mit dem Papst in Rom. Sein Vater Heinrich IV. hatte sich als nicht fähig erwiesen, den Zwist um die Einsetzung der Bischöfe im Reich mit dem Papsttum zu lösen – und dafür sogar die Exkommunikation, den Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft, auf sich gezogen.
Mit päpstlicher Rückendeckung zwang Heinrich V. schließlich am Silvestertag 1105 seinen Vater zur Abdankung und ließ sich kurz danach selbst zum König krönen. Die folgenden Jahre war der neue König bestrebt, den Konflikt aus der Welt zu schaffen – mit einem “Deal”, wie auch der US-Präsident seine diplomatischen Aufgaben gerne zu lösen versucht.
Doch wie Trump im Ukraine-Krieg musste auch Heinrich feststellen, dass sich derartige Konflikte wohl nicht “an einem Tag” auflösen lassen. Ein durch die Inhaftierung von Papst Paschalis II. im Nachgang von Heinrichs Kaiserkrönung 1111 erzwungenes Abkommen wurde schon im Folgejahr als nichtig erklärt und führte auch für diesen Kaiser zur Exkommunikation.
Erst mit dem Wormser Konkordat wurde der Investiturstreit 1122 endgültig beigelegt; also 17 Jahre nach Heinrichs Machtantritt. Was dem Kaiser jedoch seinerzeit zum Verhängnis wurde, war nicht die Langwierigkeit des Konflikts – zumindest nicht unmittelbar. Schwerer wog die wachsende Zuneigung Heinrichs zur autoritären Herrschaftsführung, ohne – wie sonst üblich – Konsens mit den Großen seines Reichs zu suchen. Exemplarisch hier der Fall des Erzbischofs Adalbert von Mainz: Zunächst enger Vertrauter des Kaisers, ließ dieser ihn schließlich wegen Besitzstreitigkeiten gefangennehmen und mehrere Jahre in strenger Haft halten.
Auch mit anderen Reichsfürsten in Opposition verfuhr der Kaiser in ähnlicher selbstherrlicher Manier, wodurch seine Herrschaft immer weniger Akzeptanz fand. Mit wohl 39 Jahren – das genaue Geburtsdatum Heinrichs ist nicht abschließend geklärt – starb der Kaiser am 23. Mai 1125 in Utrecht. Er blieb kinderlos und hatte zum Zeitpunkt seines Todes kaum noch Rückhalt im Reich. So nahmen ihn nur zwei Klöster in ihr Totengedenken auf. Selbst sein ebenfalls lange exkommunizierter Vater kam immerhin auf 14 Memorien.
Schlussendlich war nicht nur Heinrich selbst Leidtragender dieser Entwicklung. Speyer, das die Salier zur führenden Stadt im Reich gemacht hatten, verlor nach Heinrichs Tod stark an Bedeutung. Er sollte der letzte Kaiser und gut 90 Jahre auch der letzte Herrscher sein, der in der Gruft des Speyrer Doms beigesetzt wurde.
Und auch bei seiner Nachfolge stellte sich wohl die verwandtschaftliche Nähe für den eigentlich aussichtsreichsten Kandidaten, den Schwabenherzog Friedrich II. aus dem Geschlecht der Staufer, eher als Hypothek dar. Die Fürsten wählten letztlich den Sachsenherzog Lothar, einen entschiedenen Gegner des alten Kaisers.