In der Advents- und Weihnachtszeit sind Inhaftierte besonders mit Isolation und Einsamkeit konfrontiert, während draußen Familien zusammenkommen und feiern. Pfarrer Frank Illgen, evangelischer Gefängnisseelsorger der Justizvollzugsanstalt Kassel I, beschreibt das Belastende als „den Schmerz der Trennung und der Unmöglichkeit, da sein zu können, wo man gern wäre“. Jeder arrangiere sich damit anders: die einen zögen sich zurück, andere nutzten die hausinternen Möglichkeiten, um die Zeit mitzugestalten, sagte Illgen dem Evangelischen Pressedienst (epd). Größte Hoffnung und sehnlichster Wunsch sei es, Weihnachten wieder mit ihren Angehörigen zu feiern. Weihnachtskarten und Telefonate würden genutzt, um die Trennung zu überbrücken und „wenigstens frohe Weihnachten zu wünschen“.
Aus Sicht des Kasseler Gefängnispfarrers werden die Angebote der Seelsorge auch als eine „Ersatzfamilie“ wahrgenommen, um Gemeinschaft und Rituale zu pflegen. Opfer- oder Teelichter, die zu hohen Feiertagen ausgegeben werden dürfen, nähmen Inhaftierte wegen des wärmenden Lichtes in der Einsamkeit eines Haftraumes gern in Empfang. Auch Seelsorgegespräche seien mitunter entlastend, und die Gruppenangebote seien „der organisierte Versuch, der Einsamkeit und Isolation entgegenzuwirken“.
In der Advents- und Weihnachtszeit werden Gemeinschaft, Traditionen und Rituale besonders gepflegt: Die Besucherräume oder Treppenhäuser schmücken Adventskränze und Weihnachtsbäume, es werden Adventsfeiern mit Musik und Andachten gefeiert, wie Pfarrer Illgen schildert. Ein Versuch, „etwas von der frohen Botschaft zu allen zu tragen oder zu denen, die sie hören wollen“. Die Veranstaltungen würden wertgeschätzt – „und stellen eine Besonderheit im jährlichen Gesamtgefüge dar“.
Die ökumenischen Gottesdienste am Heiligabend sind nach der Erfahrung des Theologen stärker frequentiert als die Sonntagsgottesdienste: „Die Atmosphäre ist entspannter, und der übliche alltägliche Ablauf ist für einige Tage unterbrochen.“ Seitens der Seelsorge werde stets der christliche Ursprung des Festes betont: „Wir verkennen dabei nicht, dass es Menschen gibt, die diesem Ursprung und diesen Bräuchen sich aus den unterschiedlichsten Gründen gleichgültig oder auch ablehnend gegenüber verhalten.“ Doch die Erinnerung an die Geburt Jesu, die Hoffnung auf einen Neuanfang, ein neues Jahr und eine neue Zeit würden gern gepflegt.