Weniger Alkohol zu trinken, ist wohl einer der beliebtesten Vorsätze für das neue Jahr. Das ist nicht nur im “Dry January” sinnvoll. Gute Gründe nennt Wissenschaftsjournalist Bas Kast in seinem neuen Buch.
Bas Kast weiß, wovon er schreibt. Der Wissenschaftsjournalist hat selbst über viele Jahre zum Abschalten jeden Abend Wein getrunken. Aus der weinaffinen Südpfalz stammend, habe das Getränk zum Leben seiner Familie einfach dazu gehört. “Alkohol war für mich ein positiv konnotiertes Kulturgut, und so habe ich immer gern getrunken”, schreibt er in seinem neuen Buch “Warum ich keinen Alkohol mehr trinke”.
Mit seinem langjährigen Weingenuss weiß er sich in guter Gesellschaft. Das Feierabendbier mit Kollegen, der Aperol mit Freundinnen, der Sekt zum Geburtstag – Alkohol gehört für viele Menschen hierzulande zu einem guten Leben dazu. Sie seien einfach Gewohnheitstrinker, sagt Kast, ohne gleich alkoholkrank zu sein. Drinks seien eine “perfekte Droge”, um zu feiern, abzuschalten und zu entspannen – und das zunächst ohne spürbaren Nebenwirkungen oder gesundheitliche Schäden.
Seit zwei Jahren verzichtet Kast nun auf jeden Alkohol und möchte auch andere Menschen einladen, ihr eigenes Trinkverhalten zu überprüfen. Wie es zu dem Sinneswandel bei dem Bestsellerautor (“Der Ernährungskompass”) kam? In den vergangenen Jahren habe sich die weitgehend positive Einschätzung moderaten Alkoholkonsums “deutlich verändert”. Dieses positive Bild, von dem auch er noch in seinem 2018 erschienenen Ernährungsratgeber geschrieben hat, möchte Kast korrigieren. Zudem wollte er als Vater “das Zelebrieren eines Zellgiftes” nicht an seinen Nachwuchs weitergeben.
Jüngste Studien sprechen eine deutliche Sprache: Auch bei maßvollem Genusstrinken – ein, zwei Getränke am Abend und nicht täglich, “ein halbwegs üblicher Alkoholkonsum also” – steigt das Krebsrisiko deutlich, schreibt der Wissenschaftsjournalist. Kast zitiert eine kanadische Studie, wonach allenfalls ein bis zwei Getränke pro Woche unbedenklich sind. Weil jeder Schluck Alkohol die Gesundheit schädige, rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung inzwischen sogar ganz davon ab.
Trotz besseren Wissens wollen dennoch viele nicht auf Alkoholisches verzichten und begründen dies mit dem guten Geschmack von Wein, Sekt und anderen Getränken. Für Kast zeigt sich darin eher eine falsche Verknüpfung”weil unser Gehirn den Geschmack dieser Getränke immer wieder mit den herrlichen Effekten (und feierlichen Situationen) assoziiert hat: mit Stressreduktion, Trost, Entspannung, gelösten Ängsten, Gemütlichkeit, geselligem Beisammensein, Freude. All das macht den Geschmack des Alkohols aus.”
Nüchtern betrachtet erhöht laut Kast jeder einzelne Schluck das Krebsrisiko. In der Forschung sei das inzwischen Konsens, nicht aber in der Gesellschaft. Um zu einem reflektierteren Konsum anzuregen, stellt der Autor die wichtigsten Fakten dar. Demnach entsteht durch den Abbau von Alkohol als Zwischenprodukt eine hochgiftige Substanz, das Acetaldehyd – “ein eindeutig krebserregendes Zellgift”. Dieses schädige die Gene, so dass ein unkontrolliertes Zellwachstum angeregt werden könne – Krebs. Alkoholbedingt gebe es ein erhöhtes Risiko rund um den Verdauungstrakt, bei Frauen steige die Brustkrebsgefahr signifikant.
Gesundheitliche Schäden durch Alkohol nehmen laut Kast bei steigendem Konsum “explosionsartig” zu; bei mehr als einer Maß Bier oder einem halben Liter Wein täglich – “wir reden hier von einem stärkeren, wenn auch nicht völlig unrealistischen Konsum” – steige das Krebsrisiko gar um 400 Prozent.
Eine weitere Folge sei eine verlangsamte Gehirnaktivität, weil das Gehirn quasi sediert werde. Die Wirkung von Alkohol vergleicht Kast mit der von Narkosemitteln. Genau dieser sedierende Effekt mache den Alkohol aber auch so attraktiv, etwa nach einem stressigen Tag. “Mit einem Glas Wein oder zwei konnte ich ganz schnell mein oft von der Arbeit gehyptes System sehr wirksam runterfahren. Wein war für mich das schmackhafteste Anti-Stress-Mittel überhaupt, gezielt einsetzbar und dazu noch schlicht herrlich”, erinnert sich der Journalist an seine eigenen Erfahrungen
Derweil wird mitunter auch die Herzgesundheit als Argument für maßvollen Alkoholgenuss genannt. Darüber sei die Wissenschaft noch uneins, erklärt Kast. Möglich sei, dass Alkohol sich dämpfend auf die Angst- und Alarmzentrale im Mandelkern auswirke, “was uns entspannt, was wiederum unser Herz schont”.
Kast sieht darin kein Plädoyer für das Trinken. Wer unter – herzschädigendem – Stress leide, solle vielmehr überlegen, wie man diesem Problem auf gesündere Weise begegnen kann – etwa durch joggen, Meditation, Spaziergängen Yoga, Eisbäder oder Saunabesuche. Kast selbst bevorzugt inzwischen zum Entspannen ein abendliches Workout statt Wein.
Für den Wissenschaftsjournalisten ist Alkohol “ein Faktor, der einen spürbaren Unterschied im Leben machen kann”. Viele würden eindeutig davon profitieren, ihren Konsum zu reduzieren oder sogar ganz aufzugeben. Der richtige Umgang mit Alkohol ist für Kast ein “Gamechanger” für die eigene Gesundheit und gesundes Altern. Ohnehin seien Menschen inzwischen gesundheitsbewusster: “Es ist, als würden wir unser kostbares, einmaliges Leben mehr zu schätzen wissen.”