Eine weltberühmte Kathedrale brennt in Paris. Im Urlaubsparadies Sri Lanka werden bei Anschlägen am Ostersonntag hunderte Einheimische und Touristen getötet. Weltweit reagieren die Menschen mit Entsetzen und Mitgefühl. Sie schalten das Fernsehgerät ein, das Radio, das Internet, schauen in die Zeitung. Sie wollen wissen: Was ist da los? Und die Verantwortlichen in den Medien ringen mit der Frage: Was sollen wir davon berichten?
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Sie führt zu einer Grundfrage der modernen Gesellschaft, zu einer Schlüsselfrage der Demokratie: Was ist guter Journalismus?
Kurzer Rückblick. Als die Flammen in der Kathedrale Notre Dame hochschlugen, beschwerte sich NRW-Ministerpräsident Armin Laschet über ARD und ZDF: Die würden ihr normales Sendeprogramm weiterlaufen lassen, während die übrigen Nachrichtenkanäle voll seien mit Bildern des Infernos.
Auf den ersten Blick mag die Kritik einleuchten – tatsächlich brachten private Sender, Internet-Portale und soziale Netzwerke in diesen Stunden kaum noch etwas anderes als Notre Dame. Schaut man aber genauer hin, zeigt sich: ARD und ZDF hatten genau das getan, was ein Journalist oder eine Journalistin schon in der Ausbildung lernt. Sie berichteten über den Brand. Nämlich die Fakten. Das war zugegebenermaßen in diesem Fall kurz und knapp. Aber mehr hätte es an diesem Abend aus journalistischer Perspektive eigentlich nicht zu berichten gegeben. Alles andere, die Flut von Bildern des Infernos, war ein Ersatz für fehlende Fakten.
Das ist die Aufgabe des Journalismus: Information. Der Grund, warum Journalismus noch immer einen herausragenden Stellenwert hat und in Deutschland gar als vierte Kraft der Gewaltenteilung genannt wird (neben Gesetzgebung, Regierung und Rechtssprechung): Er soll Fakten recherchieren und den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stellen. Damit die sich, als eigentlicher Staatssouverän, ihre Meinung bilden können. Und zwar verantwortlich – und nicht aus dem Bauch heraus (Interview Seite 5).
Andererseits wollen Millionen Menschen offenbar sehen, hören, lesen, wie Flammen lodern. Immer wieder. Da ging es nicht um Erkenntniszuwachs. Sondern um Betroffenheit, Spektakel, Gefühlsaufwallung. Das gilt ähnlich für die Bilder, die uns am Osterwochenende aus Sri Lanka erreicht haben (Seite 4 und Kommentar Seite 5). Als Journalist kann ich mich darüber mokieren. Oder mir vor Augen halten: Wenn Menschen für Medien zahlen, haben sie einen Anspruch darauf, dass sie nicht nur das bekommen, was sie im staatsbürgerlichen Sinne brauchen. Sondern auch das, was sie wollen.
Ein Eiertanz. Auch hier, bei UK. Als Wochenzeitung können wir gar nicht alles minutengenau wiedergeben, was da über die Nachrichtenticker geht. Unser Blick gilt den Hintergründen, der Einordnung, den Zusammenhängen. Wir haben die Hoffnung, dass das, was wir schreiben, hilfreich ist – und interessant genug, um es zu lesen.
Artikel teilen:
Was braucht der Bürger?
Journalismus gilt als vierte Kraft der Gewaltenteilung in einer Demokratie. Was das für die Berichterstattung bedeutet – und wie sich das im Alltag auswirken kann