26 Verbände dringen auf eine Streichung der Abtreibungsregelung aus dem Strafgesetzbuch. Eine Abbruch soll danach eine “rechtmäßige medizinische Gesundheitsleistung werden” und bis zur 22. Woche möglich sein.
26 Verbände haben am Donnerstag einen Reformvorschlag für eine liberalere Handhabung der Abtreibung vorgestellt. In dem selbst erarbeiteten Gesetzentwurf plädieren sie dafür, dass der entsprechende Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird. Ein Abbruch soll demnach bis zur 22. Woche möglich sein, wenn es die Schwangere verlangt. Der Entwurf diene als “Impuls für die Modernisierung des veralteten deutschen Gesetzes zum Schwangerschaftsabbruch”, heißt es.
In Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen bleiben aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ebenso straffrei bleibt der Eingriff aus medizinischen Gründen oder nach einer Vergewaltigung. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte im April Empfehlungen für eine Liberalisierung der Abtreibung vorgelegt. Union, AfD und FDP sind gegen eine Reform. Auch die katholische Kirche ist gegen eine Streichung von Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch.
Nach Ansicht der Verbände soll eine Abtreibung eine “rechtmäßige medizinische Gesundheitsleistung” werden. Weiter sollen nach dem Reformvorschlag der Verbände die Kosten für einen Abbruch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Dies ist bislang nur in Ausnahmefällen möglich. Zudem soll es keine Beratungspflicht, sondern einen Rechtsanspruch auf Beratung geben. Durch die Änderungen werde sich langfristig auch eine Verbesserung der Versorgungslage ergeben, da Ärzte nicht fürchten müssten stigmatisiert zu werden. Auch dürften sich öffentliche Krankenhäuser nicht mehr verweigern, einen Abbruch durchzuführen. An dem Vorschlag waren drei Frauen beteiligt, die auch der von der Regierung eingesetzten Kommission gehörten.
Zu den beteiligten Verbänden gehören unter anderem das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, der Deutsche Frauenrat, Doctors for Choice, Evangelische Frauen in Deutschland, Pro Familia, der Deutsche Juristinnenbund sowie Terre des Femmes. Die Verbände wollen den Entwurf an die Bundesregierung und an Mitglieder des Bundestags übergeben. Die Empfehlungen der Kommission waren am Mittwoch Thema einer Anhörung im Bundestag.
Unterdessen kommt Kritik vom Deutschen Caritasverband und seinem Fachverband Sozialdienst katholischer Frauen (SkF). Sie werben mit Nachdruck für die Beibehaltung der Beratungspflicht im Schwangerschaftskonflikt und für der geltenden Regelungen im Strafgesetzbuch. Notwendig sei ein Rechtsrahmen, der die schwangere Frau und ihr Kind in ihren Rechten gleichermaßen ernst nimmt, so die Verbände.
Weiter heißt es, viele Frauen in Konfliktsituationen bräuchten Unterstützung, Schutz und Zeit, um sich entscheiden zu können. Die Beratungspflicht biete die Gewähr, dass sie durch eine Beratung in oftmals komplexen und scheinbar unlösbaren Konfliktsituationen eine für sie passende Entscheidung zu treffen.
Zudem werde die Beratungspflicht zunehmend unverzichtbar, um Paaren zur Seite zu stehen, die durch einen pränataldiagnostischen Befund von einer möglichen Behinderung ihres Kindes erführen.
Die Unionsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) kritisierte den Vorstoß ebenfalls. Die Vorschläge seien offenkundig unvereinbar mit den Maßstäben, die das Bundesverfassungsgericht für eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs festgelegt habe, so Winkelmeier-Becker. Der Entwurf verabschiede sich von jedem Schutzkonzept für das ungeborene Kind. Das Narrativ von der Kriminalisierung der Schwangeren und der Ärzte “bleibt falsch und ist bewusst irreführend”.