Artikel teilen:

Vor Ostern kommt Mel Gibsons “Passion Christi” erneut ins Kino

20 Jahre nach der Premiere kommt der Film erneut ins Kino. Angeblich wird derzeit eine Fortsetzung gedreht, die 2025 laufen soll. Laut Mel Gibson soll es dann um die drei Tage zwischen Jesu Tod und Auferstehung gehen.

Mel Gibsons “Die Passion Christi” ist der vielleicht radikalste, brutalste und wahrscheinlich auch kurioseste Jesusfilm aller Zeiten. Und sicher einer der umstrittensten. Was anfangs ein intimes Glaubenszeugnis des Regisseurs gewesen sein mag, wurde durch die gnadenlose Vermarktung ein spekulatives Produkt, das man kaum unvoreingenommen zur Kenntnis nehmen konnte.

20 Jahre nach der Premiere 2004 kommt der Film kurz vor Karfreitag erneut ins Kino. Angeblich laufen die Dreharbeiten für eine Fortsetzung in mehreren Teilen, die ab 2025 zu sehen sein soll. Laut Gibson soll es dann um die drei Tage zwischen Jesu Tod und Auferstehung gehen und um dessen “Abstieg in die Hölle”. Genaueres ist noch nicht bekannt, Spekulationen sind also wieder Tür und Tor geöffnet.

Versucht man, sich vom Ballast der zahllosen Diskussionen zu befreien, kann man in Umrissen einen Film erkennen, der ein zentrales Mysterium des Glaubens in den Mittelpunkt stellt: die Deutung des Kreuzestodes Jesu als Erlösungstat für die Menschheit.

Gibsons Film ist ein drastisches Passionsspiel über die letzten zwölf Stunden im Leben Jesu. Im Mittelpunkt steht die Leidensgeschichte – ein nicht enden wollender Weg der Grausamkeiten, an dessen Ende der Körper Jesu so gnadenlos zerstört ist, dass es keinen Zentimeter ohne Blut und Wunden gibt. In einer unglaublich brutalen Szene wird Jesus auf Befehl des Statthalters Pontius Pilatus ausgepeitscht, bis seine Haut in Fetzen hängt und große Blutlachen im Hof zurückbleiben.

Jesus vollendet seine Mission am Kreuz mit dem Satz “Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist”. Im gleichen Moment schreit Satan, der den göttlichen Heilsplan nicht hat verhindern können, gellend auf. Unterbrochen wird der Kreuzweg immer wieder durch kurze Rückblenden auf das Leben Jesu, die zum Teil erfunden, zum Teil klassischen Bibelstellen entlehnt sind.

Gibson stellt den Opfertod Jesu in den liturgischen Kontext und verknüpft Kreuz und Abendmahl – theologisch durchaus stimmig. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film unter einem grundsätzlichen Problem leidet, weil er nämlich nicht als Meditation über Glaubenswahrheiten angelegt ist, sondern “die Wahrheit” als vorgeblich realistisches, in allen Details ausgemaltes Geschehen vermitteln will.

Die Dialoge in Lateinisch und Aramäisch sollen historisch verbürgte Authentizität vermitteln, obwohl die Bibel doch ein Glaubenszeugnis und kein Dokumentarbericht ist. Dabei übersieht Gibson auch, dass es nicht darauf ankommen kann, die Größe des Opfers in der Menge vergossenen Blutes und der Zahl der Wunden zu messen. Zudem besteht ein eklatantes Ungleichgewicht zwischen den breit ausgemalten Gewaltbildern und dem auf wenige Zitate geschrumpften Kernbestand der Botschaft der Liebe.

Einer der heikelsten Punkte des Films betrifft den Vorwurf des Antisemitismus. Gibson stellt in einer völlig unreflektierten Übernahme der biblischen Erzählungen die Beteiligung der Juden am Prozess gegen Jesus heraus. Allerdings muss der Inszenierung zugute gehalten werden, dass sie immer wieder auch Figuren hervorhebt, die sich von der allgemeinen Hysterie absetzen.

Gibsons öffentliche Beteuerungen, er sei kein Antisemit, sind problematisch, weil er sich nie von den offen antisemitischen Äußerungen seines Vaters distanzierte und auch die Befürchtungen jüdischer Organisationen nicht ernst genommen hat. Symptomatisch ist die Auseinandersetzung über den historisch so verhängnisvollen Satz “Sein Blut komme über uns und unsere Kinder”. Diese Zeile wurde nicht, wie zunächst verlautet, herausgeschnitten, sondern lediglich in der Untertitelung weggelassen.

Weil “Die Passion Christi” keine Kompromisse zulässt, zwingt sie dazu, Stellung zu beziehen und in Abgrenzung von Mel Gibson Kernfragen des Glaubens neu zu thematisieren. Der Wert seines Films an sich darf mit Fug und Recht bezweifelt werden, aber selbst wenn man ihn als gescheitert betrachtet, wirft er Fragen auf, denen sich Christen stellen müssen.