Hemmingstedt. Als Kirchentür einer Dorfkirche hat man es nicht leicht. Die Aufgaben gleichen zwar der einer Domtür, doch die Ehre – allein schon durch die Bezeichnung „Portal“ – bleibt aus. Kaum jemand macht sich darüber Gedanken, was diese Tatsache mit der Gefühlswelt einer solchen Tür macht. Kaum jemand. Thomas Schleiff, ehemaliger Pastor aus Heide schon. Mehr noch, in seinen gereimten Reflexionen hat er ihr ein ganzes Gedicht gewidmet.
Zu hören sein wird es am Sonntag, 23. Oktober, um 17 Uhr in der St.-Marien-Kirche in Hemmingstedt bei der Veranstaltung „Kirchenmaus und Kohlchoral – ein Dithmarscher Kirchvergnügen“. „Dadurch bin ich tief in die hiesige Geschichte eingetaucht“, erzählt der 72-Jährige. Dennoch müssten die Besucher des Abends keine Dithmarscher sein, um gut unterhalten zu werden.
Da lacht der Kohlkopf
36 Jahre war Schleiff der Pastor an der St.-Jürgen-Kirche in Heide, schrieb nebenher humoristische Bücher in Versform und Kinderbücher mit theologischer Ausrichtung. Aber auch zwei Dithmarschenbücher entsprangen seiner Feder, darunter „Da lacht der Kohlkopf“ und „Dickschädel und Dünnhäutig“. Dabei ist er tief in die Geschichte des Kreises eingetaucht. „Ich habe sämtliche Dithmarscher Dorfchroniken gelesen“, erzählt Schleiff. „Die sind sehr anekdotenreich.“
Wenn Thomas Schleiff über seine Heimat zu erzählen beginnt, kommt er schnell ins Schwärmen. „Was ich an Dithmarschen liebe: die landschaftliche Vielfalt von Marsch und Geest. Von Meldorf aus ist man im Nu in zwei völlig verschiedenen Welten: die hügelige und teilweise waldige Geest einerseits; die Köge und die Nordsee andererseits.“ So oft es geht, zieht es ihn raus. „Ich glaube, dass es gerade in der globalen Welt seinen besonderen Sinn hat, den Zauber der Heimat einzuatmen“, so Schleiff.
Viele dieser Anekdoten und Geschichten finden sich im Programm von Thomas Schleiff wieder. In Versform. Zum Beispiel aus St. Annen, wo der Kirchenvorstand um 1500 nach Rom gegangen ist, um die Erlaubnis für den Bau einer Kapelle einzuholen. Aber auch die Kirchen in Meldorf, Marne, Heide und Wesselburen finden sich in Schleiffs gereimten Reflexionen wieder.
Pointenreiche Reime
Schleiff erzählt von dem Wettstreit zwischen den Kirchen in Marne und Meldorf, deren Kirchtürme fast auf den Zentimeter gleich hoch sind. Erzählungen zufolge soll die Marner Maria-Magdalena-Kirche zunächst höher als der Meldorfer Dom gewesen sein. Dieser soll daraufhin schlichtweg ein wenig höher errichtet worden sein. Als Folge dieses Wettstreites ging der schmale Kirchturm des Marner Gotteshauses hervor. Aber auch Liebesgedichte werden ihren Platz finden. „Ich weiß, welche Vorurteile gegen das Reimen bestehen“, sagt Schleiff. „Aber meine sind nicht lahm, sondern pointenreich. Es wird eine Stunde anspruchsvoller Unterhaltung werden.“
Und eine Sache darf natürlich nicht fehlen, wenn es einen Abend lang um Dithmarschen geht: der Kohl. Ein ganzes Buch hat Schleiff dem bodenständigen Kreuzblütlergewächs gewidmet – inklusive Rezepten. Der Kohlchoral – zur Melodie von „Geh aus mein Herz und suche Freud“ – wird am 23. Oktober daher auch erklingen.
Dithmarschen? Alles andere als verschlossen
Mit einem Vorurteil möchte der Theologe aufräumen: „Dithmarscher sind nicht verschlossen. Das ist auch keine Meinung. Es stimmt einfach nicht“, sagt Schleiff. Wer sich davon überzeugen möchte, hat dazu am 23. Oktober in Hemmingstedt die Möglichkeit – oder bei einem Besuch in Marsch und Geest. Denn eine Frage kann Thomas Schleiff auch nach all den Jahren und seinen vielen Recherchen noch nicht beantworten: Ob Gott den Menschen nun aus Geest- oder Marscherde erschaffen hat.
Buch-Tipp
Thomas Schleiff: Da lacht der Kohlkopf – Humor rund um den Kohl. Mit Zeichnungen von Florian Huber
Husum-Taschenbuch, 2017
95 Seiten, 5,95 Euro.
ISBN 978-3-89876-225-0