Reims mit seinen rund 180.000 Einwohnern ist das inoffizielle Zentrum der Weinbauregion Champagne. Doch das ist nur der kleinste Teil einer ganz langen Geschichte – in der es auch viel um Öl und Wasser geht.
Seit der Taufe Chlodwigs in Reims ist die Stadt in der Champagne eine der heiligsten Stätten der französischen Nation. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) macht einen alphabetischen Zug durch die Geschichte:
Adenauer: Am 8. Juli 1962 bekunden Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, die höchsten Vertreter der beiden “Erbfeinde”, mit einem gemeinsamen Gottesdienstbesuch in der Kathedrale von Reims ihren Willen zu Versöhnung.
Bourbonen: Fast alle französischen Könige aus dem Haus Bourbon ließen sich in Reims krönen. Ludwig XVIII. wurde 1814 nach der Niederlage Napoléons vom Senat zum “König der Franzosen” proklamiert.
Chlodwig: Der fränkische Heerführer besiegte 486/87 den letzten römischen Herrscher in Gallien und gilt deshalb als Begründer des Frankenreiches. 496 ließ er sich von Bischof Remigius in Reims taufen.
De Gaulle: In Reims, Ort zahlreicher Waffengänge im Ersten Weltkrieg und Ort der Kapitulation der deutschen Wehrmacht 1945, nahmen Frankreichs Präsident Charles de Gaulle und der deutsche Kanzler Adenauer an einer Versöhnungsmesse teil. Erzbischof François Marty erklärt, die Champagne sei immer ein Ort der Begegnung der Völker gewesen.
Engel: Der lächelnde Engel (frz. L’Ange au Sourire oder Sourire de Reims) am linken Westportal der Kathedrale, entstanden um 1250, stieß schon im 19. Jahrhundert auf Bewunderung von Kunsthistorikern. Die Zerstörung seines Kopfes im Zuge der deutschen Bombardierung 1914 wurde zum Sinnbild kriegerischer Barbarei.
Finanzierung: Gut drei Millionen Euro kostete die jüngste Restaurierung der Westfassade. Ein Teil kam vom französischen Staat, der seit den Enteignungen im Zuge der Französischen Revolution die Baulast trägt. Der Rest musste durch Spenden und den Förderverein der Freunde der Kathedrale von Reims aufgebracht werden.
Gerbert von Aurillac: Silvester II., der hochgebildete Mathematiker-Papst, der die Kirche ins 2. Jahrtausend führte, war zwischenzeitlich auch Erzbischof von Reims (991-997).
Hinkmar: Einer von Gerberts Vorgängern auf dem Bischofsstuhl war der westfränkische Kirchenpolitiker und Geschichtsschreiber Hinkmar von Reims (845-882). Zu seinen Werken gehören theologische und kirchenrechtliche Schriften sowie die Vita des Remigius von Reims (gest. 533).
Imi (Knoebel): Zum 800. “Geburtstag” der gotischen Kathedrale von Reims im Jahr 2011 schuf der deutsche Künstler Imi (Wolfgang) Knoebel sechs Glasfenster als Zeichen der Versöhnung – gleich neben denen von Marc Chagall. 2015 folgten drei weitere für die Jeanne-d’Arc-Kapelle im Chor der Kirche.
Jungfrau von Orléans / Jeanne la Pucelle / Jeanne de Domremy: Drei Namen, eine Person – und was für eine: Jeanne d’Arc befreite 1429 das von den Engländern eingeschlossene Orléans und verhalf dem Dauphin zur versprochenen Königskrönung als Karl VII. in Reims.
Kapitulation, bedingungslose: Am 7. Mai 1945 unterzeichnete Generaloberst Alfred Jodl in Reims, im damaligen Hauptquartier von General Dwight D. Eisenhower die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht.
Ludwig XVIII.: war der letzte in einer langen Reihe von Frankreichs Königen, die sich in Reims krönen ließen. Sein Nachfolger Louis-Philippe, der “Bürgerkönig”, verzichtete darauf.
“Märtyrerstadt”: 1919 wurde Reims bei einem Besuch von Präsident Raymond Poincaré zur “Märtyrerstadt” (ville martyre) erklärt. Es hatten sich erst 25.000 Einwohner wieder in der Ruinenstadt einrichten können.
Napoléon: Während der Befreiungskriege fand am 13. März 1814 das sogenannte Gefecht bei Reims statt. Eine französische Armee unter Napoléon Bonaparte griff ein preußisch-russisches Korps vor den Toren der Stadt an. Die Koalitionstruppen wurden binnen kurzem aufgerieben, ihr Kommandeur tödlich verwundet.
Orgel: Die Geschichte der Orgeln von Reims reicht zurück bis 1489, als das erste Instrument mit wohl nur einem Manual aufgestellt wurde. Sie wurde mehrfach erweitert und umgebaut. Die heutige Orgel entstand 1937/38.
Preußen: 1870/71 machten die Preußen Reims zum Sitz eines Generalgouverneurs. Die Stadt hatte unter hohen Kontributionen zu leiden.
Querhaus: Allein im dreischiffigen Querhaus ist Notre-Dame de Reims 55 Meter breit. Die Krönungskirche der Könige musste über genügend Raum für die Zeremonie und die anwesenden Würdenträger verfügen.
Rockefeller: Nach dem verheerenden Brand im Ersten Weltkrieg wurde ein feuerfester Betondachstuhl für die Kathedrale eingesetzt – unter anderem mit finanzieller Unterstützung der US-Milliardärsfamilie Rockefeller.
Saint-Rémi: Die Abteikirche ist neben der Kathedrale die zweite Kirche in Reims von europäischer kunsthistorischer Bedeutung. In dem romanischen Gotteshaus über dem Grab des heiligen Remigius wurde jahrhundertelang das Öl zur Salbung der französischen Könige aufbewahrt.
Thermen, gallorömische: Auf den Überresten gallo-römischer Thermen entstand bereits im 5. Jahrhundert der erste Kirchenbau als Grundstock der heutigen Kathedrale.
Unesco: Bereits seit 1991 gehört die Kathedrale von Reims zum Weltkulturerbe der Unesco, ebenso wie die Basilika Saint-Rémi.
Viollet-le-Duc: Der Architekt, Denkmalpfleger und Kunsthistoriker Eugène Emmanuel Viollet-le-Duc (1814-1879) hat sich auch bei den Restaurierungsarbeiten der Kathedrale von Reims in den 1840er und 50er Jahren verewigt.
Wolle: Der große Wohlstand der Stadt Reims im 17. Jahrhundert beruhte vor allem auf der Wollproduktion und -verarbeitung.
X Volltreffer: Die mit französischen Soldaten besetzte Stadt wurde im September 1914 von deutscher Artillerie beschossen. Ein Großteil des Stadtzentrums wurde dabei zerstört, auch die Kathedrale immer wieder getroffen. Am 19. September schlugen 25 Geschosse in die Kirche ein. Ein brennendes Gerüst am Nordturm beschädigte beim Einsturz den Skulpturenschmuck der Fassade. Der Dachstuhl brannte völlig aus, das Bleidach schmolz. Auch ein großer Teil der mittelalterlichen Glasfenster wurde zerstört.