Die muslimische Merkez-Gemeinde in Hannover steht vor einem wichtigen Schritt ihrer Geschichte. „Wir wollen eine echte Moschee bauen“, sagt Abdullah Güldogan entschlossen. Bisher musste sich die muslimische Gemeinde, die zur „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (DITIB) gehört, mit den Räumlichkeiten einer umgebauten Druckerei aus den 90er-Jahren zufriedengeben. Für mehr habe das Geld gefehlt, erklärt Güldogan, der lange im Vorstand des „Türkisch-Islamischen Vereins zu Hannover“ war, der die Gemeinde betreibt. „Als würdiges Gotteshaus hat sich dieses marode Gebäude nie geeignet.“
Bei der neuen, am Rande der City von Hannover geplanten Moschee handelt es sich um einen repräsentativen Bau mit heller Fassade, zahlreichen Glasflächen und Pfeilern. Der eigentliche Gebetsraum, ein 25 Meter hoher Kubus mit Kuppel und Minarett, soll nach Angaben der Gemeinde rund 600 Männern und 300 Frauen auf der Empore Platz bieten. Geplant sind den Angaben zufolge außerdem Büros, eine Bibliothek, Mehrzweckräume und sanitäre Anlagen sowie eine Cafeteria und eine große Küche für Festtage wie den Ramadan. „Es soll ein Treffpunkt für die Gemeinde werden, auf den wir stolz sein können“, hofft Güldogan, der an den Planungen des Gebäudekomplexes mitgewirkt hat. „Wir wollen zeigen, dass wir zur hannoverschen Gesellschaft gehören.“
Moschee-Neubau in Hannover: Noch fehlt Geld
Noch sei das Geld für das insgesamt zehn Millionen teure Bauvorhaben samt Tiefgarage allerdings nicht zusammen, erklärt Güldogan. „Wir müssen noch ein bisschen weitersammeln.“ Er hoffe dabei auf die Unterstützung von Freunden und muslimischen Gemeinden in Hannover und ganz Deutschland.
Kirchenkreis hat Vorbehalte wegen Nähe zu DITIB
Die Reaktionen auf die Pläne der Gemeinde, die von der Stadt erst noch genehmigt werden müssen, sind unterdessen sehr unterschiedlich. „Die kulturelle Vielfalt darf ruhig auch architektonisch sichtbar werden“, schreibt ein Kommentator auf dem Instagram-Profil einer Tageszeitung. Andere sprechen dagegen von „überflüssig“ und einem „falschen Signal“.
Der Kirchenkreis Hannover sieht das Projekt mit gemischten Gefühlen. Es sei verständlich, wenn eine muslimische Gemeinde aus einer Hinterhofmoschee einen schönen Ort machen wolle, sagt Hannovers Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes. „Muslime sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Sie fragen wie wir Christen nach Gott. Es ist gut, wenn sie hier auch eine religiöse Heimat haben und finden.“ Doch anderseits dürften kritische Fragen an die Gemeinde genauso wenig ein Tabu sein, betont Müller-Brandes. „Wie eng ist die türkische Regierung über den DITIB-Verband mit den Moscheen verbunden?“ Sie zahle schließlich die Gehälter der Imame, die zugleich Beamte des türkischen Staates seien und ihm gegenüber Treue geschworen hätten.
DITIB-Verdacht: Gemeinde bisher “unauffällig”
Wie schwierig die Nähe zwischen DITIB-Gemeinden und der türkischen Regierung von außen zu beurteilen ist, macht die islamische Theologin und Juristin Hamideh Mohagheghi deutlich. „Da steht Aussage gegen Aussage.“ Bisher sei die Gemeinde allerdings unauffällig gewesen. Man sollte ihr daher keine Steine in den Weg legen, sagt Mohagheghi, die zugleich Sprecherin des Rats der Religionen in Hannover ist. Insgesamt hält sie eine Moschee mitten in der Stadt jedoch für ein wichtiges Zeichen. „Die Muslime gehören dazu.“
Als ersten Schritt vor einem möglichen Baubeginn wünscht sich Mohagheghi jetzt vor allem eine größere Beteiligung der Gemeinde am interreligiösen Dialog. Auch Stadtsuperintendent Müller-Brandes, der ebenfalls Sprecher des Rats der Religionen ist, hofft auf mehr Gesprächsbereitschaft der Gemeinde und ein klares Einstehen gegen Antisemitismus.
