Hunderttausende gehen auf Schnäppchenjagd. Der “Black Friday” gehört für den Handel zu den umsatzstärksten Tagen im Jahr. Doch Kritiker beklagen sinnlosen Konsum und Billigwahn.
Wahnsinn! Die besten Deals des Jahres. Schnäppchen ohne Ende. Von Bofrost bis Vodafone und von Boss bis Otto: Ganz Deutschland stürzt sich in die vorweihnachtliche Verkaufsschlacht.
Zum elften Mal lädt der Handel in Deutschland zum “Black Friday” an diesem Freitag. Für den Onlinehandel gibt es den darauffolgenden Montag, den “Cyber Monday”. Und weil viele Angebote schon im Umfeld dieser Tage präsentiert werden, wird die Woche vom 20. bis 27. November kurzerhand zur “Black Week” ernannt.
Ursprünglich kommt die Einkaufsaktion aus den USA. Seit den 1930er Jahren gilt der “Black Friday” dort als Auftakt zum Weihnachts-Shopping. Der Tag nach Thanksgiving, dem letzten Donnerstag im November, ist dort ein Brückentag und gehört deshalb zu den konsumträchtigsten im ganzen Jahr.
“Ein Trend aus Amerika erobert Europa schneller als Halloween”, analysierte die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” schon 2016. Lag der Umsatz am Rabattwochenende 2017 noch bei 1,7 Milliarden Euro, rechnet der Handelsverband Deutschland (HDE) in diesem Jahr zu “Black Friday” und “Cyber Monday” mit 5,8 Milliarden Euro. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Plus von drei Prozent oder 200 Millionen Euro.
“Die großen Wachstumsschübe der vergangenen Jahre können Black Friday und Cyber Monday in diesem Jahr nicht wiederholen. Hauptursache dafür ist die schlechte Konsumlaune. Da greifen die Menschen auch bei Sonderangeboten deutlich gebremster zu”, so der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp.
Zugleich ist die Popularität von “Black Friday” und “Cyber Monday” in Deutschland aber weiter gestiegen. Immer mehr Menschen hätten die Absicht, an den beiden Tagen gezielt auf Schnäppchenjagd zu gehen, zeigt eine aktuelle, vom HDE beauftragte Verbraucherstudie. Fast die Hälfte der Befragten beabsichtigt demnach, den “Black Friday” zu nutzen. Im Vorjahr lag dieser Wert bei 42 Prozent. Beim “Cyber Monday” ist es mehr als ein Drittel – 2022 waren es hier 26 Prozent.
Im Weihnachtsgeschäft behaupten die beiden Aktionstage ihre wichtige Rolle. Nach der aktuellen Umfrage wollen in diesem Jahr 56 (“Black Friday”) beziehungsweise 46 Prozent (“Cyber Monday”) derjenigen, die die Aktionstage nutzen, dabei auch Weihnachtseinkäufe tätigen.
Doch es gibt auch die Gegenbewegung: Konsumkritische Initiativen, darunter das globalisierungskritische Netzwerk attac, rufen für kommenden Freitag (Nordamerika) oder Samstag (Europa) zum “Kauf-Nix-Tag” auf.
Am Montag kritisierte auch die Initiative Fairtrade Deutschland die Verkaufsschlacht. “Der Black Friday ist Sinnbild für schnellen Konsum und Billigwahn unserer Zeit”, so Vorständin Claudia Brück. “Rabatte von bis zu 70 Prozent suggerieren unrealistische Preise. Die Produktionskosten bleiben schließlich dieselben. Drauf zahlen diejenigen, die Kleidung und Co. produzieren, Umwelt und Klima.” Die Gehälter würden gedrückt, Umweltstandards nicht oder nur unzureichend eingehalten.
Nach Angaben von Fairtrade Deutschland reichen selbst reguläre Preise derzeit nicht aus, damit Textilarbeiter einen ausreichenden Lohn bekommen. Hinzu kämen die Auswirkungen auf Klima und Umwelt. Weltweit verursache die Textilindustrie mehr CO2-Ausstoß als der gesamte Flug- und Schiffsverkehr zusammen.
Ziel der konsumkritischen Initiativen ist es, nur das zu kaufen, was man wirklich braucht. Diese Bewegung kann mittlerweile auch auf vielfältige Daten und Argumente zurückgreifen. “Jeder Deutsche kauft sich im Schnitt 13 Paar Socken im Jahr, außerdem 7 Paar Schuhe, und er besitzt 95 Kleidungsstücke.” Das hat der Londoner Konsumforscher Frank Trentmann in seinem 2017 erschienenen Wissenschaftsbestseller “Herrschaft der Dinge” vorgerechnet.
Trentmann ist sich sicher: Die Menschen definieren über Konsumartikel wie Kleidung ihr Selbstverständnis und wie sie gesehen werden wollen. “Und weil ich mich ständig verändern und neu erfinden will, kaufe ich mir die neue Jacke, auch wenn die alte noch lange nicht ausgedient hat.”