Die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Doris König, ruft alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich für die Demokratie einzusetzen. „Sei es in Gesprächen, in Vereinen oder in politischen Parteien – es ist eine Sache von uns allen“, sagte sie der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag). „Unsere Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, für die man selbst eigentlich gar nichts tun muss, außer ab und zu zur Wahl zu gehen.“
„Dass Menschen sich lieber heraushalten, ist für eine Demokratie nicht gut“, betonte die Juristin. „Ich habe den Eindruck, dass sich über die Jahrzehnte mit dem wirtschaftlichen Wohlstand auch eine Art Konsumentenhaltung eingestellt hat. Dass man selbst etwas tun muss, ist zunehmend in Vergessenheit geraten.“ Es funktioniere nicht, wenn Menschen nicht mehr bereit seien, sich für die Demokratie einzusetzen.
„Ich sehe, dass das etwa auf der kommunalen Ebene immer schwieriger wird, weil wir dort immer häufiger Bedrohungslagen haben“, sagte König, die seit Juni 2014 Richterin des Bundesverfassungsgerichts und seit Juni 2022 dessen Vizepräsidentin ist. Es verlange Menschen viel Mut ab, sich, auch gegen Widerstände, trotzdem persönlich einzusetzen. „Ich finde, dass dieses Genörgel über die Politiker, die angeblich alles falsch machen, viel zu einfach ist“, betonte sie. „Politiker und Politikerinnen sind in der Regel Menschen, die sehr viel Zeit und Energie einsetzen, um unser Gemeinwesen voranzubringen.“
König bezeichnete es als „vorausschauende, kluge Politik“, das Bundesverfassungsgericht besser vor politischer Einflussnahme schützen zu wollen. Die Parteien der Ampel-Regierung und der Union hatten im Juli angekündigt, die Unabhängigkeit und Arbeitsfähigkeit des höchsten deutschen Gerichts deutlicher festschreiben zu wollen. Grundlagen wie die Amtszeit der Richter oder die Autonomie über die Geschäftsordnung sollen künftig im Grundgesetz stehen. „Wir wissen, dass in ganz Europa und auch in Deutschland populistische Kräfte auf dem Vormarsch sind, und ich halte es für klug, das Organ, das die Verfassung schützen soll, wie andere Verfassungsorgane auch, stärker in der Verfassung zu verankern“, betonte König.