Wie und wo darf ein Patient gegen seinen Willen zu einer medizinischen Behandlung gezwungen werden? Das wird das Bundesverfassungsgericht heute entscheiden. Die Urteilsverkündung beginnt um 10.00 Uhr.
Das Bundesverfassungsgericht urteilt heute (26.11.) über eine mögliche Detailänderung bei den gesetzlichen Regeln für medizinische Zwangsbehandlungen. Dabei geht es um die Frage, ob Patienten, die gegen ihren Willen Medikamente verabreicht bekommen, dazu immer in eine Klinik gebracht werden müssen.
Dies ist laut der geltenden Rechtslage nötig. Der Bundesgerichtshof hält diese Vorschrift für verfassungswidrig und hat dem Bundesverfassungsgericht deshalb den Fall einer an Schizophrenie erkrankten Frau zur Prüfung vorgelegt.
Die Frau gibt an, durch die erzwungene Krankenhauseinweisung traumatisiert zu werden. Ihr rechtlicher Betreuer fordert, sie stattdessen in ihrer gewohnten Umgebung, einer Wohneinrichtung für psychisch Kranke, zu behandeln.
Jährlich werden geschätzte 4.000 Patienten ohne ihr Einverständnis zwangsbehandelt. Vor allem geht es um die Gabe von Medikamenten an psychisch Kranke und Demenzpatienten.
Das Verfassungsgericht hat sich bereits mehrfach mit den Regeln zur Zwangsbehandlung befasst. Festgelegt ist beispielsweise, dass Zwang nur das letzte Mittel sein darf, wenn alle anderen Versuche gescheitert sind, um zu einer einvernehmlichen Therapie zu kommen.
Die vom Bundesverfassungsgericht während der Verhandlung angehörten Experten und Expertinnen waren uneins darüber, ob diese Ausnahmebehandlungen künftig auch ambulant möglich sein sollen.
Ein Vertreter der Bundesregierung warnte vor einem gefährlichen Dammbruch: Denn nur in der Klinik sei eine für den Patienten sichere Zwangsbehandlung und angemessene Nachsorge möglich. Zudem könnten mehr Patienten zu Behandlungen gezwungen werden, wenn die Krankenhauspflicht wegfallen würde.
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie entgegnete, es gebe Einzelfälle, in denen es für Patienten schonender wäre, die Zwangsbehandlung in der gewohnten Umgebung vorzunehmen.