Die Freie Wohlfahrtspflege und der Landeselternbeirat warnen vor einem Kollaps der sozialen Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen. Weite Teile stünden „mit dem Rücken zur Wand“. Sowohl in Kitas als auch im Offenen Ganztag und der Pflege führten Personalmangel und zu wenig Geld dazu, dass Einrichtungen geschlossen, Angebote und Öffnungszeiten reduziert würden, warnten Vertreterinnen und Vertreter der Verbände am Montag in Düsseldorf. Von der Landesregierung kämen trotz der Herausforderungen „nichts als warme Worte“, während die „Verwaltung des Mangels“ weitergehe.
Nach Schätzung der Freien Wohlfahrtspflege fehlen der sozialen Infrastruktur mindestens 500 Millionen Euro zusätzlich, während das Land für den kommenden Haushalt lediglich 100 Millionen Euro zusätzlich beschlossen habe. Allein bei den Kitas seien zehn Prozent und damit rund 1.000 Einrichtungen in ihrem Bestehen bedroht. Davon betroffen seien bis zu 70.000 Kinder. Der anhaltende Fachkräftemangel stelle das gesamte Kita-System vor enorme Herausforderungen.
Als Folge könnten viele Eltern inzwischen ihren eigenen Verpflichtungen im Alltag nicht mehr verlässlich nachkommen, warnte Daniela Heimann vom Vorstand des Landeselternbeirats. Sie müssten wegen der Einschränkungen häufig kurzfristig umorganisieren, weil ihre Kinder nicht in die Kita könnten. Ein Elternteil müsse dann zu Hause bleiben, statt zur Arbeit zu gehen. Solche Fehlzeiten hätten wiederum Folgen für das Familieneinkommen.
Ähnlich dramatisch wird die Situation im Offenen Ganztag beschrieben. „Ohne Richtlinien durch die Politik in Sachen Finanzierung und inhaltlicher Ausrichtung bleibt uns nichts anderes übrig, als Eltern immer wieder zu vertrösten“, sagte Linda Jaskowiak von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Ruhr-Mitte. Aktuell sei nicht klar, wie viele Kinder im neuen Schuljahr tatsächlich betreuen werden können. Das sei zermürbend für die Eltern.
Bereits im Herbst hatten die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege die Initiative „NRW bleib sozial!“ angestoßen. Im Zuge dieser Kampagne gab es die größten Sozialproteste in NRW seit Jahrzehnten. Allein vor dem Landtag demonstrierten am 19. Oktober rund 25.000 Menschen. Umso enttäuschender sei es, dass eine Reaktion der Politik bisher ausgeblieben sei, so der Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege NRW, Christian Woltering. Als Folge dieser Gleichgültigkeit würden Ausbildung und Arbeit im Sozialbereich auch zunehmend unattraktiv: „Ohne gute und sichere Entlohnung werden wir keine Menschen finden, die diesen Job machen wollen“, mahnte er.