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USA vor der WM-Auslosung: Angst und Verzweiflung statt Vorfreude

Migranten in den WM-Städten leben in ständiger Furcht vor Verhaftungen. Die, die legal im Land leben, verzichten inzwischen auf Auslandsreisen. Besonders hart trifft es die Einwanderer in der Migrantenmetropole Miami.

Als sich vor ein paar Tagen die Nationalmannschaft von Haiti überraschend für die WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko (11. Juni bis 19. Juli) qualifizierte, da kochte die Stimmung in Little Haiti in Floridas Metropole Miami hoch: Die Fans feierten ihre Stars, die Straßen waren voller haitianischer Fahnen und strahlender Gesichter.

Für das Land, das wohl wie keines in der westlichen Hemisphäre regelmäßig von Gewalt, Hunger und Naturkatastrophen heimgesucht wird, ein kleiner Hoffnungsschimmer in dunklen Zeiten. Am Freitag erfahren die Haitianer wie der Rest der Fußball-Welt, wer denn die Gegner beim größten Sport-Event der Welt werden.

Doch die Freude in Little Haiti währte nur kurz: Die Trump-Regierung kündigte nur wenige Tage später an, den vorübergehenden Schutzstatus (TPS) für mehr als 350.000 haitianische Einwanderer in den USA aufzuheben. Eine Entscheidung, die Tausende Familien in Miami in weniger als 60 Tagen der Abschiebung aussetzen könnte.

Überhaupt hat Washington den Kurs in der Migrationspolitik noch einmal verschärft. Donald Trump selbst beleidigte in diesen Tagen Migranten aus Somalia, die in den USA leben, als Müll. “Wir gehen in die falsche Richtung, wenn wir weiterhin Müll in unser Land aufnehmen”, zitierten ihn US-Medien.

“Für mich und für viele andere ist das einfach ein Todesurteil”, sagte die gebürtige Haitianerin Farah Larriex dem Sender CBS. Sie lebt seit 20 Jahren im Süden Floridas und gehört zu jenen Hunderttausenden, deren Schutzmaßnahmen am 3. Februar auslaufen sollen. Auch Kubaner und Venezolaner, die ebenfalls sehr große Bevölkerungsanteile in Florida stellen, sind inzwischen von Abschiebung bedroht. Asylanträge, die während der Biden-Präsidentschaft genehmigt wurden, sollen nochmals überprüft werden.

Die Zeitung “Miami Herald” schreibt: “Angst in Miami nach Aussetzung der Einwanderungsverfahren in den USA”. Legal in den USA lebende Exil-Kubaner oder Exil-Venezolaner verzichten inzwischen auf jedwede Auslandsreisen. Sie fürchten, bei der Rückkehr nicht mehr ins Land gelassen zu werden.

Die Lage für die Haitianer ist besonders dramatisch. Im ärmsten Land der westlichen Hemisphäre tobt ein blutiger Bandenkrieg; weite Teile der Hauptstadt sind längst in der Gewalt bewaffneter Krimineller. Die Hälfte der Bevölkerung leidet Hunger. Die Behörden haben die Kontrolle über das Land verloren. Menschen in diesen Cocktail von brutaler Gewalt und wirtschaftlicher Aussichtslosigkeit zurückzuschicken, widerspricht eigentlich alle humanitären Grundsätzen.

Im Vorfeld der WM-Auslosung meldete sich auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) zu Wort und berichtete über die Festnahme und Abschiebung eines Asylbewerbers, der seine Kinder am Mitte Juli zum Finale der Fußball-Klub-WM in den USA mitgenommen hatte. “Ein fußballbegeisterter Vater hat einen besonderen Tag mit seinen Kindern bei einem Fifa-Turnier geplant, wurde schließlich drei Monate lang inhaftiert und dann in ein Land abgeschoben, in dem sein Leben nach seiner Aussage in Gefahr ist”, so Minky Worden von HRW. Unter der Trump-Regierung könne die Durchsetzung der Einwanderungsgesetze bei großen Sportveranstaltungen “Familien auseinanderreißen und Menschen, die vor Verfolgung fliehen, lebensbedrohlichen Gefahren aussetzen”.

Die WM 2026 solle ein Fest des Fußballs sein und keine Einwanderungskontrollmaßnahme, die Familien zerstört und Leben gefährdet, kritisiert Worden. “Dieser Fall verdeutlicht den gravierenden Widerspruch, dass die USA sich darauf vorbereiten, das größte Sportereignis der Welt auszurichten, während sie gleichzeitig Maßnahmen zur Trennung von Familien und zur Abschiebung von Asylsuchenden umsetzen.”