Die Bundesregierung muss nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) ihr Luftreinhalteprogramm nachbessern. Dieses müsse erforderliche Maßnahmen enthalten, um Emissionen von Schadstoffen wie Feinstaub zu reduzieren, sagte die Vorsitzende Richterin Ariane Holle am Dienstag bei der Urteilsverkündung in Berlin (Az. OVG 11 A 16/20).
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) als Klägerin wollte mit dem Verfahren eine Senkung des Ausstoßes unter anderem von Ammoniak, Stickoxiden und Feinstaub erreichen. Konkret warf die DUH der Bundesregierung vor, gegen die Europäische Richtlinie zur Reduktion nationaler Emissionen bestimmter Luftschadstoffe zu verstoßen.
Die Umweltorganisation betonte, die Maßnahmen im Nationalen Luftreinhalteprogramm reichten nicht aus, um sämtliche Reduktionsziele für 2025 und für 2030 sicher einhalten zu können. Die Umwelthilfe versucht seit geraumer Zeit mit einer Reihe von Klagen, die Bundesregierung zu einem konsequenteren Klimaschutz zu verpflichten.
Im Mai hatte die Bundesregierung das im Jahr 2019 beschlossene Nationale Luftreinhalteprogramm aktualisiert. Die DUH kritisierte, dass dafür Daten des Klimaschutz-Projektionsberichts 2021 berücksichtigt wurden, nicht aber der im August 2023 erschienene Folgebericht.
Die Anwälte der Bundesregierung erklärten dazu, es sei schwierig gewesen, aktuelle Daten für die Aktualisierung des Luftreinhalteprogramms zu erhalten. Mit einer Neuabschätzung hätte es Verzögerungen und ein mögliches Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegeben.
Das Gericht geht nach eigenem Bekunden davon aus, dass die dem Luftreinhalteprogramm zugrunde liegende Prognose fehlerhaft ist, weil sie teilweise auf nicht aktuellen Daten basiert und Veränderungen nicht berücksichtigt wurden.
Beanstandet wurde von dem Gericht auch, dass nicht die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes in der im September 2023 beschlossenen Fassung berücksichtigt wurde. Diese erlaube etwa den Betrieb von Holzpelletheizungen, die zu einer stärkeren Luftverschmutzung mit Feinstaub führen. Änderungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude seien gleichfalls unberücksichtigt geblieben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, das Gericht ließ die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu.
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte, das Gericht habe bestätigt, dass die Reduktionsziele für 2025 und 2030 verbindlich seien. Insbesondere im Verkehrs- und im Baubereich müssten nun weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Emissionen „massiv und schnellstmöglich zu vermindern“. Resch bekräftigte vor diesem Hintergrund Forderungen nach einem Tempolimit.
Das Bundesumweltministerium betonte dagegen, die Klage sei in erheblichen Teilen abgewiesen worden. „Eine Nichteinhaltung der europäischen Reduktionspflichten wurde nicht festgestellt und zusätzliche Maßnahmen wurden ebenfalls nicht verlangt“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage. Das Ministerium will die Entscheidung des Gerichts umfassend prüfen, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt.