Die Online-Ausgabe der „Bild“-Zeitung durfte das Gesicht eines Polizeibeamten im Video einer Festnahme zeigen. Ein Verbot dessen verletze das Recht auf Meinungsfreiheit, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Dienstag einstimmig. Mit diesem Urteil widerspricht der EGMR vorausgegangenen Urteilen deutscher Gerichte. Die Straßburger Richter betonten, die frühere Begründung deutscher Gerichte sei unzureichend gewesen und könne zu einem „unannehmbaren Verbot jeder zukünftigen Veröffentlichung von unbearbeiteten Bildern von Polizisten bei der Ausübung ihres Dienstes führen“.
Das Urteil betrifft die Berichterstattung zu einem Polizeieinsatz aus dem Jahr 2013. Ein Gast eines Bremer Nachtclubs hatte sich aggressiv gegenüber dem Personal gezeigt und war daraufhin von der Polizei festgenommen worden. „Bild.de“ veröffentlichte ein Video der Festnahme, in dem das Gesicht eines Polizeibeamten deutlich zu erkennen war. Dieser forderte „Bild“ auf, das Video zu löschen, bis sein Gesicht unkenntlich gemacht wurde. Als das Nachrichtenportal sich weigerte, reichte der Mann Klage ein. Das Landgericht Oldenburg stimmte dem Kläger zu, das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte diese Entscheidung. 2017 lehnte das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde der „Bild“ gegen das Urteil ab. 2018 zog „Bild“ schließlich vor den EGMR.
Der EGMR wog in seiner Entscheidung das Recht auf freie Meinungsäußerung gegen das Recht auf die Achtung des Privatlebens ab. Dabei betonten die Richter das berechtigte öffentliche Interesse an den Maßnahmen der
der Polizei. Dies gelte auch in einem Fall, in dem es nicht um Polizeigewalt gehe.