Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht in Niedersachsen und auch bundesweit nur noch ein moderates Wachstum beim Bestand der in freier Wildbahn lebenden Wölfe. Die Wolfspopulation wachse schon seit einigen Jahren nicht mehr so stark wie in den ersten Jahren nach der Wiederbesiedlung, sagte Tonja Mannstedt vom BUND Niedersachsen am Mittwoch. „In Deutschland wie in Niedersachsen könnte schon bald die Bestandsobergrenze erreicht sein.“
Am Dienstag hatte das Bundesamt für Naturschutz die Zahlen für das Monitoring-Jahr 2023/24 gemeldet. Danach wuchs der Wolfsbestand in Deutschland gegenüber dem Vorjahr von 265 auf 274 sogenannte Wolfsterritorien, das entspricht einem Zuwachs um 3,5 Prozent. In Niedersachsen stieg die Zahl von 56 auf 61 Territorien, das sind etwa neun Prozent.
Der deutschlandweite Zuwachs an Wolfsterritorien liege damit deutlich unter den früheren Zuwachsraten der Population, erläuterte der Umweltverband. Hier sei ein klarer Trend erkennbar: Während in den ersten Jahren nach der Rückkehr des Wolfs nach Deutschland durchschnittliche Zuwachsraten von 28 Prozent pro Jahr errechnet wurden, seien diese danach kontinuierlich zurückgegangen. Im Jahr 2021 habe die Zugangsrate bundesweit bei 16,4 Prozent, 2022 bei 10,9 Prozent und 2023 bei 6,1 Prozent gelegen.
Die Entwicklung entspreche wissenschaftlichen Analysen, wonach Wölfe zunächst die am besten geeigneten Lebensräume besiedelten und dort sehr hohe Überlebenschancen und Nachwuchsraten hätten, betonte Mannstedt. Im nächsten Besiedlungsschritt würden weniger gute Räume besetzt. Dadurch verringere sich die Nachwuchsrate, und das Populationswachstum flache ab.
Der BUND widerspricht damit Einschätzungen unter anderem des Niedersächsischen Landvolks und von Weidetierhaltern, die bislang von einem exponentiellen und damit viel größeren Wachstum der Wolfsbestände ausgehen. Der Lüchow-Dannenberger Wolfsberater Kenny Kenner sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die bundesweiten Wolfszahlen würden sich bei höchstens 3.000 bis 4.000 Tieren einpendeln. Für mehr gebe es keinen Platz und keine Nahrung.