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Umweltministerin Lemke: Meere dürfen nicht mehr als Wilder Westen gelten

Der 8. Juni ist seit 15 Jahren Welttag der Ozeane. Umweltministerin Lemke fordert zu diesem Anlass viel mehr Meeresschutzgebiete.

Umweltministerin Steffi Lemke will eine effektive Umsetzung des Meeresschutzabkommen
Umweltministerin Steffi Lemke will eine effektive Umsetzung des MeeresschutzabkommenImago / Klaus W. Schmidt

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) dringt auf eine möglichst zügige Ausweitung des globalen Meeresschutzes. Anlässlich des Welttags der Ozeane erklärte sie am Donnerstag in Berlin, das Anfang März in New York getroffene internationale Meeresschutzabkommen müsse effektiv umgesetzt werden. „Wir müssen Schutzgebiete definieren, in denen das Meer nicht mehr als Wilder Westen gilt, wo es also Regeln für die Nutzung gibt.“ Die internationale Gemeinschaft müsse sich entscheiden, „ob sie den Pfad zur Rettung der Meere einschlägt oder den zu deren weiterer Ausbeutung“.

Anfang März haben sich Delegierte aus mehr als 160 Staaten auf ein Meeresschutzabkommen geeinigt, das im September unterzeichnet werden soll. Lemke erklärte, danach müssten zügig die notwendigen mindestens 60 Länder dem Abkommen beitreten, damit es wirksam werden könne. Damit könnten mehr als 40 Prozent der Erdoberfläche konsequenter geschützt werden. Aktuell sind weniger als zehn Prozent als Schutzgebiete vermerkt.

“Wir spielen Russisch Roulette”

Der Klimaforscher und Ozeanograph Mojib Latif sieht die Meere aktuell in einem Besorgnis erregenden Zustand. „Es steht eine der fundamentalen Säulen der Welternährung auf dem Spiel“, sagte der Wissenschaftler von der Christian-Albrechts-Universität und dem Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel im Interview mit der Mediengruppe Bayern (Donnerstag). Überfischung, Plastikverschmutzung und Erwärmung bedrohten die Weltmeere.

Der Sauerstoffgehalt in den Meeren sinke, die CO2-Aufnahme führe zur Versauerung des Meerwassers, worunter kalkbildende Organismen litten. Alle Stressfaktoren zusammen könnten schon in den nächsten Jahren zu dramatischen Auswirkungen führen. „Wir spielen Russisch Roulette mit den Meeren“, betonte Latif.

Internationale Zusammenarbeit in der Kritik

Beim Meeresschutz funktioniere ebenso wie beim Klimaschutz und der Waldzerstörung die internationale Zusammenarbeit nicht, kritisierte der Forscher, der auch Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg ist. „Die Plastiklobby verhindert einen ambitionierten Meeresschutz, genauso wie die Fischereilobby oder die fossile Lobby. Wir kommen beim Meeresschutz kaum voran“. Nationale und kurzfristige ökonomische Interessen dominierten. Es gebe zwar einige internationale Abkommen, die aber nicht verbindlich seien. „Viele Politikerinnen und Politiker scheinen die Langfristigkeit der Probleme nicht zu verstehen.“

Dringenden Bedarf sieht Latif bei der Aufstockung der Mittel, die zum Schutz der Meere zur Verfügung gestellt werden. Die bei der Konferenz „Our Ocean“ („Unser Ozean“) im März in Panama eingesammelten 20 Milliarden Dollar bezeichnete der Experte als „lächerlich wenig, wenn man es an der Bedeutung der Ozeane misst oder mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro vergleicht“.

Latif forderte, dass die Meere „endlich einen angemessenen Wert bekommen“ und mehr Schutzzonen. Etwa 30 Prozent der gesamten Meere müssten bis 2030 zu Schutzzonen erklärt werden.

Die UN-Generalversammlung hat 2008 den Welttag der Ozeane beschlossen, der seither am 8. Juni begangen wird.