Die Idee kam mir, als ich kurz vor meinem Urlaub, den ich zu Hause verbringen wollte, dachte, wie es wohl wäre, die eigene Stadt mal mit den Augen einer fremden, nicht ortskundigen Person zu erkunden. Dabei erinnerte ich mich an kurze Youtube-Formate, die vor einigen Jahren die analoge Nacht der Kirchen ersetzen sollten: Mit den Hamburger Kirchengeheimnissen haben die Macher Kurioses, Unbekanntes und Wissenswertes über Hamburger Kirchen aufgedeckt. Das hat mich inspiriert, ein Stück Hamburger Kirchengeschichte selbst zu erkunden. So etwa den Mittelpunkt Hamburgs: Hätte ich nicht gedacht, aber aus meiner Recherche und durch die Videos habe ich erfahren, dass vor der St.-Gertrud- Kirche in Uhlenhorst tatsächlich der Mittelpunkt unserer Hansestadt liegt – historisch und geografisch gesehen.
Wo Hamburgs Mittelpunkt liegt
Das Zentrum bildet allerdings nicht die neugotische Kirche am Kuhmühlenteich, sondern die Luthereiche direkt gegenüber. Dort gibt es acht Stelen zu entdecken, die um den Baum aufgereiht sind. Jede einzelne Stele zeigt einen „Wegmarker“ der Reformatorischen Wende: Den Anfang macht mit 1517 der Thesenanschlag, es geht über die Wartburgzeit bis hin zu den Reichstagen (Worms, Speyer, Augsburg).
Es ist mitten im Sommer – Hamburger Hochsommer, den gibt es tatsächlich – und weiter geht es entweder zu Fuß, mit dem Rad oder drei Stationen mit der U-Bahn in die Hamburger Innenstadt. Eigentlich zog es mich an die Hauptkirche St. Jacobi, weil ich mir die sogenannten Holzköpfe (Orgelregister mit Hamburger Berühmtheiten) an der Orgel im Turmaufgang anschauen wollte. Doch wegen der Turmsanierung ist der Zugang leider gerade nicht möglich.
Nichtsdestotrotz lohnt ein Blick in die Kirche schon wegen des Anblicks der berühmten Arp-Schnitger-Orgel. Außerdem sitzen am Eingang Kirchenhüterinnen oder -hüter, die einem auch gern Informationen dazu geben, was hier sehenswert ist: zum Beispiel die vielen unterschiedlichen Altäre im Haupt- und Seitenschiff.
Störtebekers Gold auf dem Kirchturm
Bereits in Jacobi erzählte mir die Kirchenhüterin die Sage von Störtebekers Gold. Dafür musste ich ein paar Minuten runter zur Speicherstadt laufen, zur nächsten Hauptkirche: die der Heiligen Katharina. Schon von Weitem blitzt die Kirchturmspitze aus Gold auf. Dieses Gold, so die Sage, soll aus dem Schatz des berühmten Piraten Klaus Störtebeker sein, den er der Stadt zurückgegeben haben soll.
Die Partymeile und die Religionsfreiheit
Die Sage konnte ich zwar nicht verifizieren, dafür aber einen Kupferkrug, der am Zaun um den Altarraum hängt: In diesem Krug sollen Spenden eingesammelt worden sein für den damaligen Wiederaufbau von St. Katharinen. Unabhängig davon ist die Hauptkirche auch aufgrund des hellen, vor einigen Jahren restaurierten Kirchraums einen Besuch wert.
Meine letzte Station führt mich an den Kultort Hamburgs, der tags wie nachts ständig von Touristen besucht ist: die Große Freiheit. Die nächtliche Partymeile mit verschiedenen Klubs hat ihren Namen aus der Zeit des 17. Jahrhunderts, als Altona noch dänisch war. Die Große Freiheit markierte zu dieser Zeit die Grenze zwischen dem protestantischen Hamburg und Dänemark. Die Straße war damals der Ort, an dem Religions- und Gewerbefreiheit herrschten, die Menschen also im wahrsten Sinne des Wortes Freiheit erfuhren. Am Ende der Großen Freiheit steht übrigens die katholische St.-Joseph-Kirche, eine Barock-Kirche, die ich zwar nicht besichtigen, in deren schattigem Innenhof ich mich aber zumindest abkühlen kann.
Für unsere Sommerreihe sind die Redakteurinnen und Redakteure der Mecklenburgischen und Pommerschen Kirchenzeitung und der Evangelischen Zeitung diesmal selbst unterwegs. Zu Fuß, mit dem Rad oder auf dem Wasser sammeln sie Erfahrungen und suchen nach dem Sinn zwischen Himmel und Erde.
