Islamisten haben den Bürgerkrieg in Syrien nun doch für sich entschieden. Trotzdem sehen auch Christen eine Chance im Ende der Assad-Diktatur. Ein Experte erklärt, welche Rolle der Westen dabei spielen sollte.
Syrien-Experte Aho Shemunkasho fordert für die Christen des Landes die Garantie einer friedlichen Koexistenz mit den Muslimen in einem neuen syrischen Staat. Dafür sei auch der Einsatz des Westens notwendig, sagte er am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die westlichen Staaten sollten sich für eine Verankerung der Menschenrechte für alle ethnischen und religiösen Gruppen in einer neuen Verfassung einsetzen. Nicht zuletzt die Christen benötigten nach Jahrzehnten der Diktatur und den Jahren des Bürgerkriegs entsprechende Garantien.
Zudem forderte der in Salzburg tätige Professor für Geschichte und Theologie des syrischen Christentums die Aufhebung der Sanktionen gegen das Land. Für die wirtschaftliche Zukunft sei das unabdingbar. Überdies könne der Westen “aktiv zu Gründung eines neuen Staats beitragen, der nicht wieder durch kriminelle Netzwerke und Extremismus gekapert wird und in die nächste Diktatur mündet”. Dazu brauche es ein Konzept mit den Menschen vor Ort. Das seien zumeist Muslime, vor allem Sunniten, Aleviten und Kurden, aber auch Christen (Aramäer, Assyrer, Chaldäer, Armenier) und Drusen. “Sie alle müssen nun gehört werden.”
Der Westen solle auch die Bedeutung des historischen und authentischen syrischen Christentums berücksichtigen, so Shemunkasho. Es müsse im Interesse des gesamten künftigen syrischen Staates liegen, die christlichen Kirchen zu respektieren.
Die Christen in Syrien sähen in der jüngsten Entwicklung eine neue Chance. “Sie haben die Hoffnung, dass die Situation nicht nur für einzelne Gruppen besser wird, sondern für alle Staatsbürger”, sagte der in Bielefeld aufgewachsene syrisch-orthodoxe Theologe. Doch sei die Situation derzeit alles andere als eindeutig. Einige der Rebellen hätten einen islamistischen Hintergrund. Die Rolle der ausländischen Akteure, die zum schnellen Erfolg der jüngsten Offensive beitrugen, sei ebenfalls noch undurchsichtig.