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Studie zum Umgang bayerischer Ministerien mit NS-Vergangenheit

Nach 1945 gab es in den deutschen Behörden keinen harten Bruch mit der Nazizeit, wie es die Alliierten erhofft hatten. So manche Karriere ging ungebrochen weiter. Auch in Bayern.

Zum Umgang bayerischer Ministerien und Behörden nach 1945 mit ihrer NS-Vergangenheit liegen erste Studienergebnisse vor. Das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) München-Berlin präsentierte am Dienstag den Band “Hüter des Freistaats” über das Führungspersonal der Bayerischen Staatskanzlei einschließlich der ersten vier Ministerpräsidenten nach dem Krieg. Demnach scheiterte der von der US-Militärregierung beabsichtigte konsequente Elitenaustausch auch in Bayern.

Laut IfZ-Direktor Andreas Wirsching lässt sich an den Grabenkämpfen in der frühen CSU ablesen, dass die individuelle NS-Belastung nach der ersten Landtagswahl 1946 durchaus “öffentliches Skandalisierungspotenzial” besaß. “Dennoch blieb der politische Reinigungswille gegenüber der Beamtenschaft begrenzt”, so Wirsching. In der Personalpolitik der Staatskanzlei habe die Wahrung bayerischer Identität mehr gezählt als die Abgrenzung vom NS-Regime.

Mit rund 28 Prozent sei der Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder am Führungspersonal der Staatskanzlei zwar deutlich niedriger als in den meisten Bundesministerien ab 1949 gewesen, sagte der Historiker. Dies sei aber nicht die Folge größerer vergangenheitspolitischer Sensibilität gewesen. Vielmehr sei unter dem Druck der US-Behörden gleich nach 1945 ein formal unbelasteter Personalstamm aufgebaut worden.

Als einen wichtigen Hebel bezeichnete Wirsching die von der Staatskanzlei in München betriebene Geschichtspolitik. Zum herrschenden Narrativ sei die tradierte Staatlichkeit Bayerns geworden, die vom zentralistischen NS-Regime gleichsam nur unterbrochen worden sei. Dadurch habe der Nationalsozialismus als etwas “Außerbayerisches” abgetrennt werden können und sich Bayern auch als Opfer des NS-Staates stilisieren lassen.

Laut IfZ ist die Untersuchung der bayerischen Ministerien und Landesbehörden inzwischen abgeschlossen. Sie sollen jeweils einzeln in Buchform veröffentlicht werden. Anfang Mai werde eine Arbeit über das Gesundheitsministerium erscheinen, danach seien das Justiz- und das Kultusministerium an der Reihe. Weitere Publikationen würden für 2025 vorbereitet.