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Studie: Armutsrisiko von Pflegebedürftigen steigt deutlich

Pflege kann arm machen. Denn die Rente reicht oft nicht für die Kosten eines Heimplatzes. Die Pflege droht immer mehr, zum Privatrisiko zu werden.

Trotz der gesetzlichen Pflegeversicherung erhöht Pflegebedürftigkeit im Alter das Armutsrisiko deutlich. Laut einer neuen Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die am heutigen Dienstag veröffentlicht wird, liegt das Risiko bei älteren Menschen mit Pflegebedarf in Deutschland um 20 Prozentpunkte höher als in der gesamten älteren Bevölkerung.

“Dieser erhebliche finanzielle Druck auf die Individuen und die Pflegeversicherung wird aufgrund des demografischen Wandels weiter zunehmen”, sagte die Mitautorin der Studie, Karolin Killmeier, der “Ärzte Zeitung” (Dienstag). So werde die Zahl pflegebedürftiger Menschen in den OECD-Ländern bis 2050 um 30 Prozent steigen. Als Gründe für den Anstieg nennt die Organisation die Demografie und die Tatsache, dass sich Haushalts- und Familienstrukturen änderten. Laut OECD-Expertin Killmeier müsste Deutschland seine jährlichen Pflegeausgaben bis 2050 um zwei Prozent erhöhen, um das Leistungsniveau und die bisherige Zahl der Leistungsbezieher aufrechtzuerhalten.

Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, erklärte auf Anfrage der “Ärzte Zeitung”, Pflege werde immer mehr zum privaten Risiko, weil der Staat sich vielfach zurückziehe und die Pflegebedürftigen auf den Kosten sitzen blieben. Pflege sei aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. “Deswegen muss die Pflegeversicherung finanziell entsprechend aufgestellt werden.”

Privatversicherte müssten in die soziale Pflegeversicherung einbezogen werden, forderte sie. Außerdem müssten Bund und Länder ihren Verpflichtungen nachkommen: Derzeit würden im Schnitt allein knapp 500 Euro pro Monat an Investitionskosten auf die Pflegebedürftigen abgewälzt. Steigende Kosten seien auch in der ambulanten Pflege spürbar. “Sie bleiben jedoch unsichtbar, da die Pflegebedürftigen hierdurch gezwungen werden, weniger Leistungen durch die Pflegedienste in Anspruch zu nehmen.”

In Deutschland beziehen rund 5,2 Millionen Menschen Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung. Etwa vier von fünf Pflegebedürftigen werden von Angehörigen gepflegt – rund 750.000 pflegebedürftige Menschen stationär. Hier sorgen vor allem Eigenanteile von im Schnitt rund 2.900 Euro im Monat für Nöte. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen Entwurf für eine grundlegende Pflegereform angekündigt.