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Streit um Vertretung junger Flüchtlinge

Bei der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge gibt es einen Interessenskonflikt: Die Mitarbeiter von Jugendämtern sind oft gleichzeitig für die Inobhutnahme, die amtliche Altersschätzung und die rechtliche Vertretung eines Minderjährigen zuständig. Laut einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom April 2024 widerspricht diese Aufgabenvermengung aber der EU-Aufnahmerichtlinie. Das baden-württembergische Sozialministerium hält laut einer am Montag veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion eine Aufgabentrennung innerhalb der Jugendämter dennoch für ausreichend.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte daran erinnert, dass die EU einen unabhängigen Vertreter vorschreibt, der die Rechte des jungen Menschen wahrt und ihn unterstützt. Das Ministerium argumentiert nun, die Jugendämter erfüllten für die Betroffenen eine weisungsfreie Pflichtaufgabe auf Basis von Bundesgesetzen. Das Land könne ihnen daher keine direkten Vorgaben machen.

Aus Sicht des Ministeriums kann die Vertretung weiterhin durch Mitarbeiter des Jugendamtes erfolgen, sofern „eine personelle und organisatorische Trennung zu den Aufgaben des Jugendamtes und der Altersfeststellung hinreichend gegeben ist.“ Alternativ schlägt die Regierung vor, dass qualifizierte Pädagogen aus den betreuenden Einrichtungen diese Rolle übernehmen könnten.

Im Jahr 2023 nahmen die Jugendämter in Baden-Württemberg 6.837 unbegleitete Minderjährige nach deren Einreise auf. Wie viele von ihnen einen Vertreter im Sinne der EU-Richtlinie bestellt bekamen, kann das Ministerium nicht beziffern. Entsprechende statistische Daten würden nicht erhoben, ihre Erfassung sei erst ab 2026 vorgesehen. (1928/04.08.2025)