Artikel teilen:

Steinmeier bittet Polen um Vergebung für deutsche Verbrechen

Vor 80 Jahren begann der Warschauer Aufstand gegen die deutschen Besatzer. Bei der Gedenkfeier verneigt sich Bundespräsident Steinmeier vor dem Freiheitswillen der polnischen Kämpfer und zieht eine Parallele zur Ukraine.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Warschauer Aufstands um Vergebung für die Verbrechen der deutschen Besatzer in der polnischen Hauptstadt gebeten. Jedes Wort scheine zu schwach für dieses Grauen, wandte er sich am Mittwochabend in Warschau laut Manuskript an die polnischen Überlebenden des Aufstandes: “Darum möchte ich nur einen Satz sagen. Er kommt aber ganz und gar von Herzen und ist ganz und gar ernst gemeint: Ich bitte, gerade heute und gerade hier, um Vergebung.”

Steinmeier mahnte, man dürfe nicht vergessen, “welch unermessliches Leid wir Deutschen über unser Nachbarland gebracht haben, mit welcher Brutalität, mit welchem Vernichtungswillen die deutschen Besatzer gegen die gesamte Bevölkerung vorgegangen sind, nachdem sie am 1. September 1939 Polen überfallen hatten”. Polen sei “so schrecklich verwüstet worden”. Das Leid und die Trauer wirkten bis heute in vielen Familien fort. Die polnischen Bürgerinnen und Bürger würden den Warschauer Aufstand nie vergessen, so der Bundespräsident: “Und wir, die Deutschen, in deren aller Namen ich hier heute zu Ihnen sprechen darf: Wir dürfen ihn nicht vergessen.”

Am 1. August 1944 hatten sich Angehörige der polnischen Heimatarmee in Warschau gegen die deutschen Besatzer erhoben. Der Aufstand dauerte 63 Tage bis zur endgültigen Niederschlagung. Historiker sprechen von einem “genozidalen Exzess”. Die Deutschen töteten rund 200.000 Polen, darunter etwa 18.000 Widerstandskämpfer, und zerstörten Warschau fast vollständig.

Der Bundespräsident würdigte die Aufständischen: “Vor der Tapferkeit, vor der todesmutigen Einsatzbereitschaft der Kämpferinnen und Kämpfer, vor dem unbedingten Willen zur Freiheit, zur Bewahrung der eigenen Würde verbeuge ich mich heute mit dem größten Respekt.” Deutscher Nationalismus, Imperialismus und Rassismus führten laut Steinmeier zu den “grauenhaften Verbrechen”, gegen die sich Polen im Warschauer Aufstand gewehrt habe. Es gehe darum, aus dem Vergangenen für eine bessere Zukunft zu lernen.

“Ich bin sehr froh, dass wir, Deutsche und Polen, zu guten Nachbarn geworden sind”, so Steinmeier. Für die Versöhnung habe es Menschen gebraucht, “die die Kultur des Nachbarn kennen und wieder schätzen können”. Er verwies auf das von der Bundesregierung geplante Deutsch-Polnische Haus in Berlin, das ein “Ort des Gedenkens zur Erinnerung an polnisches Leid” und gleichzeitig ein Ort der Begegnung” werden solle.

Steinmeier bekräftigte auch die Unterstützung für die Ukraine bei ihrem Verteidigungskampf gegen Russland. Das ukrainische Volk kämpfe um seine Freiheit und um seine Selbstbestimmung, sagte er. “Es kämpft gegen einen brutalen und ruchlosen Aggressor.” Polen und Deutsche würden solidarisch mit dem ukrainischen Volk bleiben: “Wir werden Unrecht und Unfreiheit, Angriff und Besatzung in Europa niemals wieder hinnehmen!”