Artikel teilen:

Steffen Tuschling: vom Studentenpfarrer ins reformierte Pfarramt

Fast fünf Jahre war Steffen Tuschling Pfarrer in der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Potsdam und Cottbus. Jetzt beginnt er sein Amt als Gemeindepfarrer in der Schlosskirche Köpenick.

Steffen Tuschling
Steffen TuschlingEmma Körting

Fast fünf Jahre war Steffen Tuschling Pfarrer in der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) in Potsdam und Cottbus. Er blickt auf intensive, inhaltsstarke Jahre zurück und beginnt nun sein Amt als Gemeindepfarrer in Berlin-Köpenick und dem Böhmischen Dorf in Berlin-Neukölln mit neuen Ideen für eine Kirche der Zukunft.

Das Gemeindehaus der evangelisch-reformierten Gemeinde in Köpenick, Steffen Tuschlings neues Büro, liegt direkt an der Müggelspree. An einem schönen, sonnigen Tag im Juni erzählt der 54-Jährige begeistert von seiner Zeit als Studierendenpfarrer: „Die Studenten hatten Lust auf Gespräche über Sinn, Zweck und Glauben. Ich war in der ESG zu 100 Prozent Theologe und Seelsorger. Selten habe ich mich in meinem Beruf so sehr als Pfarrer gefühlt.“

Ein ökumenischer Christ mit Laib und Seele

Gefallen hat ihm, dass zu der ESG alle kamen, die Interesse hatten, seien es Evangelische, Freikirchler, Katholiken oder Orthodoxe. Tuschling versteht sich als ökumenischer Christ, in ihm klängen verschiedene christliche Saiten, sagt er. Der gebürtige Berliner wuchs in einem nichtkirchlichen Elternhaus auf. In der Grundschule ging er in den katholischen Religionsunterricht, weil ein Freund ihn bat, mitzukommen. „Christlich alphabetisiert wurde ich also auf katholisch. Heute bin ich überzeugter Protestant, aber in mir drin ist auch etwas von dem anderen“, erklärt Steffen Tuschling. Mit zwölf Jahren zog er mit seinen Eltern und seinen zwei Geschwistern ins Emsland, wo er die evangelisch-reformierte Kirche kennenlernte. Für sein Studium ging er kurz vor der Friedlichen Revolution zurück nach Berlin an die kirchliche Hochschule in Berlin-Zehlendorf. Ein Austauschjahr verbrachte er in Rumänien und lernte dort die Sprache.

Wer Tuschling zuhört, bekommt den Eindruck, dass er gern über Grenzen hinausdenkt und als Vermittler arbeitet. Während seines Studiums freundete er sich mit Ostberlinern an und nahm an Friedensandachten in der Gethsemanekirche teil. „Ich bin Gesamtberliner“, sagt er.

Engagement für Rumänien

Als Studierendenpfarrer in Cottbus war er Ansprechpartner für christliche internationale Studierende und in Potsdam kam er oft mit rumänischen Bettlern ins Gespräch: „Sie sind natürlich tierisch einsam hier. Ich habe mit ihnen tolle Gespräche geführt.“ Wichtiger als das Geld, das er ihnen zuschob, schien ihnen zu sein, dass sie sich mit einem Deutschen auf Rumänisch unterhalten konnten. Tuschlings Sprachkenntnisse und seine Kontakte in Rumänien, die er in seinem Austauschjahr knüpfte, kamen ihm als Studierendenpfarrer zugute. Als die Studierenden den Wunsch äußerten, sich an einem sozialen Projekt zu beteiligen, vermittelte er den Kontakt zu einem orthodoxen Priester, der im rumänischen Gusterita eine Pfarrscheune zu einer Kulturscheune umgebaut hatte. Dort erleben sozial benachteiligte Roma-Kinder und -Jugendliche kulturelle Teilhabe; sie malen, singen im Chor oder spielen Theater. Mit ESG-Studierenden besuchte er mehrmals das Projekt, packte Päckchen und sammelte Kollekten im Hochschulgottesdienst.

Von der Studentengemeinde in die Schlosskirche

In der ESG beobachtete Steffen Tuschling fasziniert, wie Christen verschiedenster Herkunft gemeinsam nach Antworten suchten. So stellt er sich auch die Kirche der Zukunft vor: ökumenischer, spiritueller und selbstorganisierter.

Schlosskirche Berlin-Köpenick
Schlosskirche Berlin-KöpenickImago / Schöning

In seinem neuen Amt als Gemeindepfarrer der evangelisch-reformierten Gemeinde in Köpenick und dem Böhmischen Dorf in Berlin-Neukölln möchte er vor allem für die Fragenden und die jüngeren Generationen da sein.

„Neben dem Sonntags-Gottesdienst will ich ein spirituell offenes Angebot für Menschen schaffen, die mit ihrer Seele auf der Suche sind. Und dabei aus dem Schatz christlicher Spiritualität schöpfen.“ Als Pfarrer Tuschling für das Zeitungsfoto die Tür der Köpenicker Schlosskirche aufschließt, kommen Touristinnen neugierig herein. Der Pfarrer reagiert genauso offen und herzlich, wie er sich die Kirche der Zukunft vorstellt: Er heißt sie willkommen, kommt ins Gespräch und beantwortet Fragen.

Emma Körting ist freie Autorin