Die Kommunen bemängeln zu hohe Kosten und zu viel Alleinverantwortung, insbesondere im sozialen Bereich. “Es ist sehr, sehr ernst”, mahnt Städtetagsvizepräsident Burkhard Jung.
Deutschlands Städte beklagen leere Kassen bei wachsenden Aufgaben. Der Deutsche Städtetag ruft vor diesem Hintergrund die kommende Regierung dringend zu finanziellen Entlastungen und festen Budgets auf. Insbesondere im Sozialbereich seien die Kosten in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Als Beispiel nannte die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetags, Katja Dörner (Grüne), die Kinder- und Jugendhilfe. Hier hätten sich die Ausgaben von 32,8 vor zehn Jahren auf zuletzt 67,8 Milliarden Euro mehr als verdoppelt.
Die Tagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren, Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung oder die Hilfe zur Pflege im Alter seien richtig und notwendig, so die Bonner Oberbürgermeisterin. Aber es könne nicht sein, dass die Kommunen 85 Prozent der Kosten tragen müssten. Es gebe immer neue Aufgaben, etwa das Wohngeld, aber nicht mehr Mittel des Bundes und der Länder. “Wenn wir Aufgaben übertragen bekommen, müssen die Kosten eins zu eins übernommen werden”, so Dörner.
Der Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe (CDU), beklagte, dass kulturelle Einrichtungen, aber auch der öffentliche Nahverkehr massive Einbußen erlebten und Dienstleistungen und Angebote einstellen müssten. “Die Sozialausgaben, auf die wir kaum Einfluss haben, laufen uns davon”, so Lewe. Für die Demokratie sei es aber enorm wichtig, dass die Menschen das Gefühl hätten, der Staat funktioniere und verwalte nicht nur den Mangel, mahnte der Oberbürgermeister von Münster. Bereiche wie Sport und Kultur stünden besonders unter Druck, ergänzte Dörner. Sie seien keine Pflichtbereiche und entsprechend werde hier oft zuerst gekürzt.
Die Rückmeldungen aus vielen Städten seien alarmierend, fügte Städtetagsvizepräsident Burkhard Jung (SPD) hinzu. “Selbst viele Städte, die immer einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnten, kommen jetzt ins Schlingern”, so der Oberbürgermeister von Leipzig. Einer Blitzumfrage des Städtetags unter 100 Großstädten zufolge wird nahezu keine befragte Stadt einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen können. 37 Prozent der Städte können keinen ausgeglichen Haushalt vorlegen, weitere 47 Prozent schaffen dies nur dank finanzieller Rücklagen.
“Wir brauchen ein anderes Miteinander von Bund, Ländern und Kommunen, auch bei neuen Gesetzen”, so Jung weiter. Es gebe für viele neue Gesetze gute Gründe, aber sie seien oft praxisfern und kompliziert. Dabei stünden die Städte vor “Mammutaufgaben” wie der Verkehrswende, der Energiewende oder der Wärmewende.
Der Deutsche Caritasverband schloss sich dem Protest der Kommunen an. Alle sogenannten freiwilligen Leistungen, oft Präventionsaufgaben, seien ernsthaft bedroht, das betreffe vielfach die Arbeit der Wohlfahrtsverbände. “Die Löcher, die gerissen werden – ob in der Sozialberatung, bei der Kinder- und Jugendarbeit, im Quartiersmanagement oder in der Begleitung pflegebedürftiger Menschen – sind Löcher sozialen Zusammenhalts”, warnte die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa.