Eine sogenannte Silberzwangsabgabe ist vom Münchner Stadtmuseum an die Familie Feuchtwanger zurückgegeben worden. Doch der Löffel soll nicht nach England gehen, sondern in München bleiben. Damit ist ein Wunsch verbunden.
Ein Silberlöffel aus der Familie von Ludwig Feuchtwanger (1885-1947) soll künftig deren Geschichte in der NS-Zeit und die Begebenheit rund um den Gegenstand erzählen. Das berichtet das Münchner Stadtmuseum auf seiner Internetseite. Die Provenienzforscherin des Hauses, Regina Prinz, war ins englische Winchester gereist, um dort einen Silberlöffel an seinen rechtmäßigen Eigentümer zu restituieren. Doch der Sohn von Ludwig, Historiker Edgar Feuchtwanger (Jahrgang 1924), überließ ihn ihr als Geschenk fürs Museum mit der entsprechenden Bitte.
Der NS-Staat hatte am 21. Februar 1939 die “Dritte Anordnung aufgrund der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden” erlassen. Allein in München waren davon 2.306 jüdische Familien betroffen, wie das Museum mitteilte. Auch der Jurist Ludwig Feuchtwanger, Bruder des berühmten Schriftstellers Lion Feuchtwanger (1884-1958), musste seine Wertgegenstände abliefern. Darunter eine für die Familie bedeutende, silberne Menora.
Da habe der Vater, wie Sohn Edgar der Forscherin bei ihrem Besuch erzählte, die Beherrschung verloren, den siebenarmigen Leuchter auf den Boden geworfen und zertreten. Aus den weiteren Gegenständen, die die Familie abgeben musste, erwarb das damalige Historische Stadtmuseum München den Angaben zufolge über das Städtische Leihamt den silbernen Löffel.
Anders als Lion Feuchtwanger, der als früher Regimekritiker schon 1933 ins französische Exil ging, harrte sein Bruder Ludwig aus. Er arbeitete als Rechtsanwalt, leitete einen Verlag und engagierte sich in der Jüdischen Gemeinde in München. 1933 verlor er seine Anstellung am Obersten Landgericht, 1935 erfolgte der Ausschluss aus der Reichtskulturkammer, sodass ihm nur die Anstellung bei der Israelitischen Kultusgemeinde blieb.
Sein Sohn Edgar wuchs in München auf. Im Gespräch mit Prinz zeigte er Bilder aus seiner Kindheit und alte Schulhefte. Die damalige Grundschullehrerin ließ die Kinder im Unterricht Hakenkreuze malen und Geburtstagsglückwünsche an Diktator Adolf Hitler in ihre Hefte schreiben. Edgar musste mitmachen. Zugleich erlebte er, wie seine Freunde ihn nach und nach wegen seines jüdischen Glaubens zu meiden begannen.
Bei der Reichsprogromnacht 1938 wurde sein Vater mit vielen anderen jüdischen Männern ins KZ Dachau verschleppt. Im Dezember kam er frei. Die Familie bereitete daraufhin ihre Emigration vor. Mit nur 14 Jahren reiste Edgar als erster von ihnen im Februar 1939 nach England zu einer Gastfamilie. Zwei Monate später folgten seine Eltern. In England inhaftierte man Ludwig erneut, dieses Mal wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit. Nach seiner Freilassung arbeitete er als Übersetzer und Berater der englischen Armee.