Von den Reformvorschlägen des deutschen Synodalen Wegs wird einer in Rom besonders kritisch gesehen. Denn er könnte eine Verfassungsänderung der Kirche bedeuten. In Deutschland und in Rom gibt es Redebedarf.
Zum zweiten Mal treffen sich am Freitag in Rom Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz und mehrere Kurienkardinäle zu schwierigen theologischen und kirchenrechtlichen Gesprächen. Themen werden erneut die Reformvorschläge des deutschen Synodalen Wegs sein, der von 2020 bis 2023 in Frankfurt getagt hatte. Ein erstes Gespräch in Rom hatte am 26. Juli 2023 stattgefunden.
Beobachter gehen davon aus, dass auch diesmal unter anderem die Frage diskutiert wird, welche Formen gemeinsamer Beratung und Entscheidung in der katholischen Kirche möglich sind. Das von der Frankfurter Synodalversammlung beschlossene künftige Entscheidungsgremium, der “Synodale Rat”, wird vom Vatikan bislang ebenso abgelehnt wie dessen Vorstufe, der sogenannte Synodale Ausschuss.
Nach einem Einspruch aus Rom hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, eine geplante Abstimmung über ein solches Gremium bei der Bischofsversammlung in Augsburg am 19. Februar von der Tagesordnung genommen. Vorausgegangen war ein unmissverständlicher Brief von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, dem päpstlichen Chefdogmatiker Kardinal Victor Manuel Fernandez und dem für die Disziplin der Bischöfe zuständigen Kardinal Robert Prevost. Damals sagte Bätzing, man nehme das Schreiben ernst und sehe “die Notwendigkeit einer guten und gelungenen Kommunikation mit den Verantwortlichen in Rom”.
Er kündigte an, man werde versuchen, die Bedenken aus Rom, wonach ein “Synodaler Rat” die Autorität der Bischöfe mindern würde, mit guten Argumenten zu entkräften. Da Papst Franziskus seinerseits immer wieder für mehr “Synodalität”, mehr gemeinsame Beratung in der Leitung der Kirche eintritt, steht zu erwarten, dass die Deutschen darauf setzen, ihre Reformideen als eine Verwirklichung dieses Prinzips zu erläutern.
Ein entscheidender Punkt dürfte dabei die feine Grenze zwischen Beratung und Entscheidung sein. Der Papst und die Kardinäle in seinem Umfeld wollen zwar das “Volk Gottes” – Laien, Ordensleute und einfache Priester – an Beratungen und an Abstimmungen beteiligen. Die letzte Autorität für Entscheidungen liegt aber nach ihrem Verständnis gemäß der geltenden Lehre vom Wesen der katholischen Kirche immer bei den Bischöfen und beim Papst; denn die sind als Nachfolger der Apostel dazu berufen, und niemand sonst.
Für die im ZdK organisierten katholischen Laien-Verbände in Deutschland ist eine effektive Mitbestimmung in einem gemeinsamen Gremium hingegen ein unverhandelbares Muss. Ohne ein solches Gremium sehen sie sämtliche Reformvorschläge des deutschen Synodalen Wegs in Frage gestellt.
Da der Vatikan bislang nicht auf die Idee kam, Vertreter des ZdK zu Spitzengesprächen in Rom mit einzuladen, war zwei Tage vor dem Treffen der Bischöfe in Rom eine Abstimmungskonferenz von ZdK und Bischofskonferenz in Deutschland angesetzt. Bei dem digitalen Treffen am Mittwoch sollte geklärt werden, wie eine gemeinsame Linie von Laien und Bischöfen für die Gespräche in Rom aussehen könnte.
Daran, dass die Laienverbände das Treffen in Rom nur aus der Position des Zaungastes verfolgen können, ändert diese Vorabklärung wenig. Zumal bis zuletzt geheim blieb, welche Themen in Rom aufgerufen werden sollten. Lediglich die deutschen Teilnehmer standen fest: Aus Deutschland sollten außer dem Vorsitzenden Bätzing die jeweiligen bischöflichen Kommissions-Leiter für Glauben (Franz-Josef Overbeck), Seelsorge (Peter Kohlgraf), Priesterausbildung (Michael Gerber), Liturgie (Stephan Ackermann) und Weltkirche (Bertram Meier) teilnehmen.
Für den Vatikan dürften neben den Kardinälen Parolin, Fernandez und Prevost auch der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch sowie Experten für Liturgie und Kirchenrecht dabei sein. Über Ort und Dauer der Gespräche wurde im Vorfeld Stillschweigen vereinbart. Selbst das Datum war geheim – bis einer der wichtigsten Teilnehmer, der argentinische Kardinal Fernandez, es ausplauderte.
Ob in Rom am Freitag eine Annäherung über ein künftig gemischtes Entscheidungsgremium gefunden wird, dürfte sich bereits in der Woche danach zeigen: Für den 27. März war die Gründung eines Vereins geplant, an dem sich 23 von 27 deutschen Bistümern beteiligen wollten. Dieser Verein soll die finanzielle Basis für den künftigen “Synodalen Aussschuss” (und später für den Synodalen Rat) in Deutschland bilden.
Käme der Verein gegen ein erneutes römisches Veto zustande – falls die deutschen Argumente in Rom nicht überzeugen konnten – wäre neuer Stress vorprogrammiert. Denn gemäß einer früheren Warnung des Kardinalstaatssekretärs wäre dann die kirchliche Gemeinschaft zwischen der Mehrheit der deutschen Bischöfe und Rom gefährdet.