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Sozialverbandschefin kritisiert Bayerns Familienpolitik – “Skandalös”

Der VdK ist Deutschlands größter Sozialverband. Dessen Präsidentin Verena Bentele knöpft sich in einem Interview nun die Familienpolitik in Bayern vor. Auch in Sachen Wohnen und Pflege sieht sie Grund zur Klage.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisiert die bayerische Familienpolitik. Das neue Kinderstartgeld der Staatsregierung benachteilige ärmere Kinder, sagte Bentele der “Augsburger Allgemeinen” (Wochenende). “Denn für Familien mit niedrigen Einkommen bedeutet dies eine Kürzung von rund 5.400 Euro je Kind. Statt der geplanten pauschalen Einmalzahlung von 3.000 Euro je Kind für alle Familien, also auch für reiche, fordern wir eine gezielte Förderung von Kindern aus ärmeren Familien.”

Denn es sei doch die Aufgabe des Staates, Heranwachsende aus ärmeren Familien stärker zu unterstützen, fügte Bentele hinzu. “Diese erfüllt die bayerische Staatsregierung aber nicht. Hinzu kommt, dass sich immer mehr Familien in Bayern die Miete kaum noch leisten können, weil bezahlbarer Wohnraum gerade dort, wo es auch Arbeitsplätze gibt, fehlt.”

Die VdK-Chefin sagte, sie empfinde es als skandalös, dass in einem so reichen Bundesland wie Bayern 360.000 Kinder in Armut lebten oder von Armut stark bedroht seien, also 16,2 Prozent aller unter 18-Jährigen. “In Bayern sind bekanntermaßen auch die Bildungschancen und damit die beruflichen Aufstiegschancen sehr stark vom Elternhaus abhängig. Daher fordern wir seit Langem ein Ende des Gießkannenprinzips bei der Familienförderung in Bayern. Denn im Freistaat profitieren wohlhabende Familien durch Kindergeld und Steuerfreibeträge wesentlich stärker als arme Familien – damit muss endlich Schluss sein.”

Zur Kürzung des Landespflegegeldes durch die Staatsregierung erklärte Bentele: “Wäre es der bayerischen Staatsregierung ernst damit, dass sie das eingesparte Geld beim Landespflegegeld und bei den Familien wirklich in eine verbesserte Infrastruktur, also in mehr Kinderbetreuungsplätze, in mehr Tages- und Nachtpflegeplätze für Pflegebedürftige investiert, hätte sie längst einen konkreten Finanzierungs- und Infrastrukturplan vorgelegt.” Beides fehle jedoch.

Gefragt nach Finanzierungsmöglichkeiten für Sozialausgaben sagte Bentele: “Mehr Geld wäre schon vorhanden, wenn die Bundesregierung, aber auch die bayerische Staatsregierung endlich große Vermögen, hohe Erbschaften und Schenkungen stärker besteuern würde.”

Bayerns Staatsregierung hatte Ende 2024 Kürzungen bei der Familienförderung angekündigt. Ab 2026 sollen Eltern kleiner Kinder nur noch einmal 3.000 Euro statt über einen längeren Zeitraum hinweg insgesamt mindestens 6.000 Euro bekommen. Ferner soll das Landespflegegeld von 1.000 auf 500 Euro jährlich gekürzt werden.