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So schmeckt der Sommer

Der Sommer ist da. Mit Ausnahme von Weihnachten ist keine Phase im Jahr derart mit Sinneseindrücken besetzt wie die Zeit zwischen Juni und September. Zeit, mal reinzuschmecken. Wie schmeckt er denn, der Sommer? – Eine kulinarische Erkundung

Alexey Kuznetsov - stock.adobe.c

„Weißt du, wie der Sommer schmeckt? / Nach gelben Aprikosen / und Walderdbeeren, halb versteckt / zwischen Gras und Moosen.“ Kleine Freunde der „Sendung mit der Maus“ können den Song vermutlich direkt mitsummen. Und bei vielen erwachsenen Zuhörern wird der Text von Ilse Kleeberg Erinnerungen wachru-fen: an diesen unvergleichlichen Mix aus Sonnencreme-Geruch, einem Sprung ins kalte Freibadwasser und dem leiser werdenden Stimmengewirr beim anschließenden Wegdämmern auf der Liegewiese.

Zum Sommer gehören Beeren aller Art

Und dann wäre da eben noch der Geschmack des Sommers. Selbst jene Zeitgenossen, die weder Aprikosen noch Walderdbeeren mögen, dürften mit der Jahreszeit, die in unseren Breitengraden Früchte aller Art frei Haus liefert, zumindest ähnliche Sinneseindrücke verbinden. Denn für den Geschmack sind nicht nur die entsprechenden Knospen auf der Zunge zuständig, sondern – unter anderem – auch kulturelle und biographische Faktoren.
Der Essensgeschmack vermittelt, wie der 2015 verstorbene Münsteraner Historiker Hans Jürgen Teuteberg einmal festhielt, „nicht nur in der Kindheit, sondern auch noch später in der Welt der Erwachsenen ein Stück vertrauter sozialer Geborgenheit und der Einbindung in bestimmte ethnische und soziale Gruppierungen und Schichten“. Mit anderen Worten: Der Mensch bringt im Laufe seines Lebens eine ganze Menge Nahrung in sich hinein. Aber nur selten die dahinterstehenden Konventionen wieder heraus.
Das stellt auch Etienne Karner fest. Der 40-Jährige ist nach Stationen unter anderem in Frankreich, den USA, auf der Karibikinsel St. Kitts und in Dubai, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, als Chefkoch in Australien, im Park Hyatt Sydney, gelandet. Das kulinarische Gedächtnis lässt sich so leicht nicht abschütteln: „Für mich verkörpert der weiße Spargel eigentlich immer noch den Beginn der Sommer-saison“, sagt Karner. Obwohl das Edelgemüse in Australien eher selten auf den Teller kommt.
Was aber tischt Karner seinen Gästen im Sommer auf? Fische und Meeresfrüchte sowie Vitaminreiches von Bäumen und Stauden wie Bananen, Mangos und Ananas – „auch wenn man als Europäer dann lieber mal einen echten Festtagsbraten servieren würde“, wie Karner freimütig einräumt. In Australien fällt der Hochsommer nämlich in die Zeit zwischen Dezember und Februar. Die Weihnachtsgans mit Rotkohl und Klößen ist dann trotzdem nicht angesagt.
Die Bandbreite bleibt gleichwohl groß – „das“ Sommergericht gebe es nicht, sagt Karner. Wer im Park Hyatt diniert, erwartet stattdessen einen gewissen Standard und ist ansonsten schwer zu überraschen. „Ob ich einen Thunfisch in Ponzu und Ingwer mariniert mit Yuzu-Emulsion und Salat von gebeizten Meeresalgen anbiete oder einen klassischen Rindertatar mit Wachtelei und Trüffeln – die Gäste würden sich über beides nicht sonderlich wundern.“
Hierzulande muss Otto Normalverbraucher zum Wundern lediglich zur nächsten Eisdiele wandern. In den Auslagen finden sich in diesem Jahr so exotische Sorten wie „Schwarzbier“, „Vanille-Fetakäse“ oder „Gin Tonic“, wie das Portal Sparwelt.de vermeldet. Bei der Frage „Was schleckt Deutschland?“ landen allerdings die Klassiker Vanille und Schoko auf den ersten beiden Plätzen. Die Experimentierfreude hat offenbar Grenzen – vielleicht ist der Markt auch einfach nur gesättigt.
Dieser Eindruck drängt sich zumindest bei den Erfrischungsgetränken auf; gerade erst hat die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke die neuesten Statistiken veröffentlicht. Der Konsum ging demnach leicht zurück von 118,8 Liter 2015 auf 118,2 Liter pro Person im Jahr 2016. Für Cola und Cola-Mischgetränke verzeichnete der Dachverband eine positive Entwicklung, einen Rückgang gab es dagegen für andere zuckerhaltige Limonaden; „Schorlen und ‚Wasser plus Frucht‘-Getränke zeigen sich behauptet, Wässer mit Aromen im leichten Plus“.

Lieblingseissorten: Vanille und Schokolade

Anbieter wie die Adelholzener Alpenquellen wird‘s freuen. Eine ganze Palette an Erfrischungsgetränken auf Mineralwasserbasis hält das Unternehmen im bayerischen Chiemgau, das zur Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul gehört, bereit. 2016 verzeichnete man laut Geschäftsführer Stefan Hoechter ein Absatz-Plus von 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein Verkaufsschlager: das reine Mineralwasser.
Es muss also nicht immer etwas Exotisches sein – oder jedes Jahr etwas Neues, wie etwa beim Eiskonzern Langnese. Der nutzt seit 1994 immer wieder mal den Song „So schmeckt der Sommer“, um seine Kreationen unters Volk zu bringen. Der Niederländer Edward Reekers, der seinerzeit im bunten Haiwaiihemdchen durch die Schlagershows der Republik tourte, ließ übrigens offen, wie denn der Sommer schmeckt. Vielleicht besser so – denn ein jeder verbindet dann doch eigene Sinneseindrücke mit der warmen Jahreszeit.