Politiker aus Schleswig-Holstein haben die eskalierten Bauernproteste gegenüber Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verurteilt. Die Blockade habe „nicht im Entferntesten etwas mit legitimem Protest zu tun“ gehabt, kritisierte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). Sie sehe zudem eine Verbindung zu Extremisten: Im Telegram-Kanal „Freie Schleswig-Holsteiner“, welcher der verfassungsfeindlichen Delegitimierer-Szene zuzuordnenden sei, war laut der Ministerin dazu aufgerufen worden, zur Ankunft Habecks „mit allem zu kommen, was Räder hat“. Habeck war am Donnerstagabend bei seiner Rückkehr aus dem Urlaub am Fährhafen Schlüttsiel (Kreis Nordfriesland) von 250 bis 300 protestierenden, mit Traktoren angereisten Landwirten daran gehindert worden, ein Fährschiff zu verlassen.
Durch die Aktion habe sich die Einschätzung des Verfassungsschutzes bestätigt, „dass (Rechts-)Extremisten versuchen, größere politisch-gesellschaftliche Proteste für eigene Zwecke zu nutzen und Anschluss in das vorwiegend demokratisch bürgerlich-konservative Spektrum zu erhalten“, sagte Sütterlin-Waack.
Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) erklärte, bei der Blockade der Ankunft Habecks seien „ganz klar Grenzen überschritten worden“. Schwarz weiter: „Gewalt gegen Menschen oder Sachen hat in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren.“ Demonstrierende hätten sich an Recht und Ordnung zu halten.
Der polizeipolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Nicolas Dürbrook, sagte, derartige Aktionen verstießen „massiv gegen unsere demokratischen Spielregeln“. Es erschrecke ihn, „wenn in Schleswig-Holstein nicht sichergestellt werden kann, dass ein Bundesminister seinen Urlaubsort verlassen kann“. Die SPD habe zum Polizeieinsatz einen Bericht der Landesregierung im kommenden Innenausschuss am 10. Januar beantragt.
Vom Grünen-Landesvorsitzenden Gazi Freitag hieß es, der Vorfall habe gezeigt, „dass sich dieses Land und der Umgang miteinander verändern“. Er mahnte: „Demokratie lebt vom respektvollen und kritischen Austausch. Wenn dieser nicht mehr gewährleistet werden kann, dann ist auch unsere Demokratie in Gefahr.“ Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Jan Kürschner, forderte: „Die begangenen Straftaten müssen konsequent strafrechtlich verfolgt werden, da kann es keine Toleranz geben.“
Sybilla Nitsch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SSW-Landtagsfraktion, teilte mit, der Protest sei weit über die Grenzen des legitimen Protests hinaus gegangen und schade letztlich jedem noch so berechtigten Anliegen. „Der Zweck heiligt eben nicht um jeden Preis die Mittel!“
Schleswig-Holsteins Bauernpräsident Klaus-Peter Lucht erklärte: „Das Bedrängen und Bedrohen von Politikern untergräbt den demokratischen Diskurs und hilft uns bei der Durchsetzung unserer berechtigten Forderungen nicht.“ Gewalt dürfe kein Mittel in der politischen Auseinandersetzung sein. Für die in der kommenden Woche geplanten Protestaktionen rief er alle Landwirte „zu Besonnenheit und Rücksichtnahme auf“.
Die Polizei hat nach der eskalierten Protestaktion ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Landfriedensbruch und Nötigung eingeleitet.