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Kirche und Diakonie räumen eklatantes Versagen bei Missbrauch ein

Die evangelische Kirche und die Diakonie haben ein „jahrzehntelanges Versagen auf allen Ebenen und in allen Landeskirchen“ im Umgang mit Missbrauch eingeräumt und Konsequenzen angekündigt. „Betroffene Personen wurden nicht gehört, Taten nicht aufgearbeitet, Täter geschützt und Verantwortung nicht übernommen“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der 20 evangelischen Landeskirchen, des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Bundesvorstands der Diakonie. Sexualisierte Gewalt gehöre zur Realität von Kirche und Diakonie. „Diese Einsicht nimmt uns in die Pflicht. Wir übernehmen die Verantwortung.“

Der von der EKD beauftragte Forschungsverbund ForuM hatte Ende Januar seine Studie zu sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie veröffentlicht. Danach gab es von 1946 bis 2020 mindestens 2.225 Betroffene und 1.259 Beschuldigte. Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich deutlich höher. Die Forscher attestierten Kirche und Diakonie eine „Verantwortungsdiffusion“, ein problematisches Amtsverständnis bei Pfarrern und die Diskreditierung von Betroffenen, die Gewalt gegen sie öffentlich machten.

In der Erklärung vom Donnerstag verpflichten sich EKD, Landeskirchen und Diakonie zu einheitlichen Standards der Prävention und Transparenz, einheitlichen Verfahren für kirchliche Zahlungen sowie einem einheitlichen Prozess der weiteren Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Konkrete Schritte sollen auf Bundesebene ab Mitte Februar im Beteiligungsforum der EKD gemeinsam mit den Forschenden besprochen werden, in dem kirchliche Verantwortliche und Betroffene vertreten sind.

Dort solle ein „klarer Maßnahmenplan“ entwickelt werden, hieß es. Die Beteiligung von Betroffenen werde begrüßt und man stehe hinter dem „Grundsatz der direkten Mitentscheidungen“ von Betroffenenvertretern. Auch in den Synoden der Landeskirchen und vor Ort in den Kirchenkreisen und Gemeinden sowie auf allen Ebenen der Diakonie „werden wir uns mit den Ergebnissen der ForuM-Studie und ihrer Bedeutung für unsere Kirche und Diakonie transparent und offen auseinandersetzen“, kündigten die Kirchen an.

Auf Basis einer gemeinsamen Erklärung der evangelischen Kirchen und der Diakonie mit der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) werden derzeit neun unabhängige regionale Aufarbeitungskommissionen aufgebaut. Sie sollen die Aufklärung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt fortführen. Einen dieser Verbünde bilden die drei evangelischen Landeskirchen und die Diakonie in Rheinland, Westfalen und Lippe.

Der Sprecher der von sexualisierter Gewalt Betroffenen im Beteiligungsforum der EKD, Detlev Zander, erwartet, dass sich alle Landeskirchen und alle Diakonie-Landesverbände an die Beschlüsse halten. „Ich werde im Beteiligungsforum darauf achten, dass alles umgesetzt wird“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die beim Bund angesiedelte unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs erklärte, die Glaubwürdigkeit und Zukunft der evangelischen Kirche hänge entscheidend davon ab, dass sie die mit der ForuM-Studie aufgezeigten eigenen Fehler und Mängel anerkenne. Die Kommission forderte eine umfassende Aufklärung aller Missbrauchsfälle, die Festschreibung eines Rechts auf Aufarbeitung für Betroffene und einheitliche Verfahren für die sogenannten Anerkennungsleistungen.