Hamburg. Die Predigt von damals hat er noch. Es war Sonntag, der 20. Januar 1991, und Wolf Schröder-Micheel 36 Jahre alt. Der junge Vater stand zum ersten Mal in Winterhude in der Matthäuskirche als Pastor vor seiner Gemeinde. „Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid“, lautete der Predigttext, und Wolf Schröder-Micheel sprach über Christus. Die Gemeinde kannte er schließlich noch nicht.
Vier Jahre war er in Großhansdorf Pastor gewesen, sechs Jahre in Tangstedt. Aber seine Frau kommt aus Winterhude, und das Paar hatte schon öfter gedacht: „Wenn da mal was frei wird …“ Als Schröder-Micheels Frau die Ausschreibung der Matthäuskirche sah und er später die Stelle bekam, freuten sie sich sehr. Die Stelle war auf Kinder- und Jugendarbeit zugeschnitten, und der junge Pastor Schröder-Micheel veranstaltete Kinderkirche, führte Familiengottesdienste ein, leitete Kindermusicals, Kinderbibelwochen und Konfirmandenunterricht. Unterstützt wurde er dabei von seiner Frau, die ebenfalls Pastorin ist – und Mutter. Drei Kinder hat das Paar, für diese stellte sie ihren Beruf zurück.
Dörfliches Winterhude
Schröder-Micheel stammt aus Fuhlsbüttel, geprägt hat ihn die dortige Gemeinde St. Lukas. Als er mit 14 Jahren seinen Vater durch einen Unfall verlor, begleiteten ihn der Pastor und die Mitarbeiter. Das wurde ihm zum Vorbild. Wolf Schröder-Micheel engagierte sich in der Kinder- und Jugendarbeit und beschloss, selbst Pastor zu werden. Was er damals erlebte, ist ihm auch bei seiner Arbeit wichtig: Menschen begleiten, Trost und Ermutigung spenden – auch beim Abschiednehmen. „Es ist etwas Besonderes, Menschen über eine so lange Zeit zu begleiten und gleichzeitig mit ihnen im Viertel zu leben“, sagt er.
Das Pfarrhaus liegt direkt hinter der Kirche, der Eingang zum Gemeindehaus ist nur eine Tür weiter. Deshalb trifft Schröder-Micheel seine Gemeindeglieder auch beim Einkaufen oder beim Spaziergang mit dem Hund. Winterhude, im Herzen der Großstadt Hamburg, hat auch etwas Dörfliches, findet er. Das ist gewollt. „Die Leute achten aufeinander; das war hier immer wichtig“, sagt er. „Nachbarschaftliche Aufmerksamkeit wird großgeschrieben.“ Für ihn gehören die vielen persönlichen Begegnungen zu dem, was ihm besonders vor Augen steht, wenn er an seine Zeit in Winterhude denkt.
Fest verwurzelt in der Gemeinde
In den vergangenen 25 Jahren hat er ganze Familiengeschichten begleitet. Ein Paar getraut, die Kinder getauft, konfirmiert und die Eltern des Paares begraben. Eine seiner beiden Enkeltöchter geht in den Kindergarten, den er lange Jahre selbst als Pastor besucht hat.
Im Pfarrhaus, in einem Arbeitszimmer voller Bücher, zitiert er Luther: „Die Kirche ist eine sich stets erneuernde.“ Ja, Gemeinden verändern sich. Im Jahr 2000 verschmolzen die Matthäus-, Heilands- und Bodelschwingh-Kirche zur Kirchengemeinde Winterhude-Uhlenhorst. Fünf Pastorenkollegen hat Schröder-Micheel inzwischen. Einmal die Woche treffen sich alle und tauschen sich aus. Predigen muss er inzwischen nur noch alle zwei Wochen.
Pünktlich zu seinem Jubiläum wird er aber wieder vor die Gemeinde treten und über dieselbe Bibelstelle sprechen wie damals bei seinem Antritt. Dieses Mal gibt es einen Unterschied: Die Menschen, die vor ihm sitzen werden, kennt er sehr gut.
WAS: Gottesdienst zum Jubiläum von Pastor Wolf Schröder-Micheel
WANN:am Sonntag, 24. Januar, um 10 Uhr
WO: in der Matthäuskirche (Gottschedstraße 17)