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Sehnsucht nach Frieden

Über den Predigttext zum Heiligen Abend: Hesekiel 37,24-28.

Predigttext
24 Und mein Knecht David soll ihr König sein und der einzige Hirte für sie alle. Und sie sollen wandeln in meinen Rechten und meine Gebote halten und danach tun. 25 Und sie sollen wieder in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, in dem eure Väter gewohnt haben. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder sollen darin wohnen für immer, und mein Knecht David soll für immer ihr Fürst sein. 26 Und ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein. Und ich will sie erhalten und mehren, und mein Heiligtum soll unter ihnen sein für immer. 27 Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein, 28 damit auch die Völker erfahren, dass ich der Herr bin, der Israel heilig macht, wenn mein Heiligtum für immer unter ihnen sein wird.

Sie schaut sich um in der Kirche. Kein Platz ist mehr frei, wie immer zu Weihnachten. Aber etwas ist anders als in den Jahren zuvor.

„Internationaler Weihnachtsgottesdienst“ – so war es angekündigt. Und tatsächlich: Die Studierenden aus Korea singen ein koreanisches Weihnachtslied. Vor ihr übersetzt jemand das Geschehen für die Menschen um ihn herum auf Farsi. Der Pastor der ghanaischen Pfingstgemeinde spricht ein freies Gebet in Englisch. Die Botschaft der Weihnachtsgeschichte „Friede auf Erden“ erklingt in vielen Sprachen.

Sie weiß noch nicht so recht, ob ihr das gefallen soll. Was wohl in den Köpfen der anderen vor sich gehen mag? Für sie selbst ist es das erste Weihnachtsfest, an dem ihre Kinder nicht dabei sind. Sie feiern Weihnachten in ihren eigenen Familien. Könnte es doch nochmal so sein wie früher!

Gedanken an ein Land vor dem Krieg

Ob auch die Studentin aus Korea sich jetzt gerade wünscht, mit ihrer Familie zu Hause Weihnachten feiern zu können? Die syrischen Männer vor ihr – ob sie daran denken, wie es war in ihrem Land, bevor der Krieg kam? Ob sie an die denken, die sie zurückgelassen haben und wie es ihnen gehen mag zu Weihnachten? Weihnachten ist doch irgendwie ein sehnsüchtiges Fest, denkt sie. Und wie oft die Gedanken dabei zurückgehen, sich erinnern, wie es früher war. Obwohl sie sehr gut weiß, dass früher nicht alles besser war.

Auch die Menschen, an die sich der Prophet Hesekiel wendet, waren von sehnsuchtsvollen Gedanken bestimmt: Könnte es doch noch einmal sein wie früher! Damals als David König war über ein großes Reich; das Land noch nicht zerrissen war; als die Menschen dort sicher wohnen konnten.

Und heute? Die Heimat war zerstört, der Tempel lag in Schutt und Asche, ihr Land drohte von der Landkarte zu verschwinden und sie selbst mussten als Verbannte in der Fremde leben, weit weg von zu Hause.

Da tritt dieser Prophet auf, redet zu ihnen im Namen Gottes: Es wird nicht wieder sein wie früher; es wird viel mehr sein. Das Frühere wird zum Bild für eine heilvolle Zukunft. Die alten Worte werden zu Hoffnungsworten: „David“; „König“; „Hirte“. Mit ihnen verbinden sich Bilder und Erinnerungen an Sicherheit und Geborgensein, an Glück und Zufriedensein. Die Menschen werden aus der Fremde heimkehren können. Was zerstört ist, wird heil werden. Wo jetzt noch Krieg, Hass und Gewalt regieren, wird Frieden sein, ewiger Friede – Schalom.
Nicht nur wir Menschen haben Sehnsucht, sondern auch Gott hat Sehnsucht. Gott sehnt sich danach, dass die Menschen in Frieden miteinander leben, dass sie einander das Leben gönnen und sich zum Leben helfen, dass Gerechtigkeit einzieht in diese Welt.

„Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein.“ Gottes Sehnsucht trifft auf die Sehnsucht der Menschen. Himmel und Erde begegnen sich. Zu Weihnachten wird es für uns ein Stück Wirklichkeit. Gott kommt zur Welt und nimmt Wohnung bei den Menschen. Es leuchtet etwas auf von dem Frieden, dem Schalom.

Mit dem Kind im Stall von Bethlehem werden wir mit hineingenommen in die Verheißung Gottes an sein Volk: „Und ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein.“ Und das Kind fordert uns auf, Schritte zu gehen auf dem Weg des Friedens und der Gerechtigkeit.

Sie schaut sich um in der vollen Kirche. Irgendwie ist es doch ein schönes Bild, denkt sie. So verschiedene Menschen treffen sich hier mit ihren unterschiedlichen Sehnsüchten, feiern gemeinsame Weihnachten. Vielleicht ist es ein Bild für den Frieden, den die Engel verkünden.