Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, dringt auf ein Gesetz, dass die Rückgabe von NS-Raubkunst regelt. Es werfe Fragen auf, dass gerade Deutschland mit einem Restitutionsgesetz hinterherhinke, sagte Schuster laut Redemanuskript am Donnerstag auf einer Veranstaltung zum 20-jährigen Bestehen der Beratenden Kommission NS-Raubgut in Berlin.
“Ich bin mir bewusst, dass ein solches Gesetz nicht mit einem Handstreich umzusetzen ist. Aber: Ein Land, in dem so viel mit dem Label der sogenannten Wiedergutmachung gekennzeichnet wird, darf sich diese Blöße nicht geben”, so Schuster. Ohnehin sei Wiedergutmachung “ein psychologisch fataler Begriff, der zuweilen selbstgefällig eigentlich höchstens in einem technischen Sinne die Wiederherstellung von Recht meinen kann. Alles andere wäre vermessen.”
Kunstraub im Nationalsozialismus habe sich gezielt und in großem Maße auch gegen eine jüdische Mittelschicht gerichtet. Die betroffenen Werke seien kunsthistorisch vielleicht kaum relevant, spielten jedoch für die Identität von Familien eine große Rolle. “Diese zu zerstören, war der erste Schritt der NS-Vernichtungspolitik gegen Juden.” In der materiellen und immateriellen Aufarbeitung des NS-Unrechts sei in Deutschland bereits viel getan worden. “Ein gerechtes Restitutionsgesetz wäre ein nächster und wichtiger Schritt.”
Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände hatten die Beratende Kommission 2003 eingerichtet, um bei Differenzen über die Rückgabe verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter zu vermitteln. Es sei keine gute Quote, dass es seit der Gründung bei der Schiedsstelle in nur 23 Fällen zu einer Mediation gekommen sei, so Schuster. In Deutschland und Österreich seien schätzungsweise 200.000 Kunstwerke in der Nazi-Zeit gestohlen worden.
Er sehe den Grund für diese Entwicklung aber keinesfalls in der Kommission selbst. Ganz im Gegenteil sei sie eine “wichtige Stimme in der Forderung nach Transparenz und Klarheit in Bezug auf die Restitutionsprozesse von NS-Raubkunst”, betonte Schuster. “Nur genau diese Transparenz und Klarheit fehlt mir in der Breite der gesellschaftlichen Debatte häufig.”