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Scheidende Prälatin: Jedes Kirchenmitglied ist ein “Brief Christi”

Mehr Ausstrahlungskraft und Optimismus für die Kirche wünscht die scheidende Ulmer Prälatin Gabriele Wulz (66). Statt zu klagen über zurückgehende Zahlen, sollte sich die Kirche „an denen freuen, die da sind und etwas gestalten“, sagte die evangelische Theologin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Entscheidend sei die Haltung: Jedes Kirchenmitglied solle wie ein „Brief Christi“ in die Welt wirken. Nach fast 25 Jahren an der Spitze des evangelischen Kirchenkreises Ulm, in dem zwischen Ostalb und Bodensee rund 320.000 Protestanten leben, wird die Regionalbischöfin an diesem Sonntag (7. Dezember) mit einem Gottesdienst im Ulmer Münster in den Ruhestand verabschiedet.

Für die Zukunft der Kirche ist nach Überzeugung der Prälatin ein klares, unverwechselbares Profil nötig. Das schließe etwa ein Einlassen auf die AfD aus, da diese Partei und die Kirche „diametral unterschiedliche Werte“ hätten. „Beides lässt sich nicht vereinen, da sehe ich eine klare rote Linie“, betonte Wulz, die auch Ständige Vertreterin des württembergischen Landesbischofs ist.

Für die Diakonie gelte, dass nichtchristliche Menschen in einem kirchlichen Arbeitsfeld unterwegs sein können, wenn ihnen völlig klar sei, in welchem Rahmen sie sich bewegten. Wer sich allerdings durch einen Austritt bewusst von der Kirche abgewandt habe, könne auch nicht mehr in der Diakonie beschäftigt sein.

Die Strukturreform in der württembergischen Landeskirche, die eine Streichung der Prälatur Ulm vorsieht, hält Wulz für problematisch. Eine Reduzierung von vier Kirchenbezirken auf nur noch zwei in Reutlingen und Heilbronn werde die „Architektur der Landeskirche“ grundlegend ändern. Die Prälatur Ulm habe für den ganzen oberschwäbischen Raum eine große Rolle gespielt, eine Zentralisierung stärke die „Fliehkräfte“ in der württembergischen Kirche.

Durch ihre Kenntnis der lokalen Gegebenheiten hätten die Prälaten beispielsweise bei Pfarrstellenbesetzungen einen Blick von außen eingebracht, den „die Kirchenleitung in Stuttgart allein nicht leisten kann“. Um die rund 220 Gemeinden in ihrem Kirchenbezirk kennenzulernen, sei sie im Schnitt rund 36.000 Kilometer im Jahr mit dem Auto unterwegs gewesen, sagte die Regionalbischöfin.

Wulz übernahm 2001 die Prälatenfunktion in Ulm, davor war sie nach dem Theologiestudium in Tübingen, Berlin und Jerusalem Gemeindepfarrerin in Stuttgart und Studieninspektorin am Evangelischen Stift in Tübingen. Mehrere Jahre war die Theologin als erste Frau Präsidentin des Gustav-Adolf-Werks für evangelische Diasporakirchen. Auch im Ruhestand wird Wulz in Ulm bleiben. (3142/05.12.2025)