Aus der Aufarbeitung der Morde von Rechtsextremisten in Hessen müssen nach den Worten des stellvertretenden Vorsitzenden des früheren Untersuchungsausschusses zum Mord an Walter Lübcke, Hermann Schaus, Konsequenzen gezogen werden. Der ehemalige innenpolitische Sprecher der Linken in Hessen fordert zum fünften Jahrestag des Anschlags in Hanau am 19. Februar eine Änderung des Waffenrechts. „Alle Rechtsextremisten sind waffenaffin und zum Großteil in Schützenvereinen aktiv“, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Warum dürfen Schusswaffen zu Hause aufbewahrt werden?“
Der Experte für Rechtsextremismus in Hessen forderte eine Verringerung von Waffen und deren Aufbewahrung bei den Schützenvereinen. Waffen und Munition müssten darüber hinaus getrennt aufbewahrt werden. Schaus stellte infrage, warum der Schießsport noch mit realen Waffen ausgeübt werde. „Man kann den Schießsport heute auch digital ausüben“, sagte er. Den Waffenbehörden komme eine zentrale Rolle bei der Überprüfung der Besitzer zu, unterstrich Schaus: „Wo werden die Waffen zu Hause aufbewahrt?“ Wenn einer Behörde bei einem Waffenbesitzer etwas Verdächtiges auffalle, sollte die Waffenbehörde ihn überprüfen – anders, als in Hanau geschehen.
Eine weitere Lehre aus den Untersuchungsausschüssen des Hessischen Landtags zu den rassistisch motivierten Morden der NSU, am früheren Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und in Hanau sei, dass Stimmungsmache gegen Ausländer und Flüchtlinge rechtsextremen Anschlägen Vorschub leiste, erklärte Schaus. „Mörder fühlen sich dann im Recht, solche Taten zu begehen.“ Alle Bürgerinnen und Bürger seien in der Verantwortung, einer solchen Stimmungsmache immer wieder entgegenzutreten. „Wenn es nicht gelingt, das gesellschaftliche Klima zu einem mitmenschlichen und mitfühlenden zu verändern, dann bleibt alles andere Stückwerk“, sagte Schaus. „Dann bekämpfen wir nur die Wirkung, nicht die Ursache.“
Schließlich forderte Schaus eine stärkere Unterstützung der Polizeibeamten. Durch die Anschläge und die Aufdeckung von rechtsextremistischen Äußerungen von Polizisten habe das Vertrauen in die Polizei gelitten. „Die Ausbildung der Polizeibeamten in Hessen ist gut, aber im Dienst entstehen Gruppensituationen, in denen auch mal nicht korrekt gehandelt wird.“ Die Polizisten leisteten einen schweren Dienst. Schaus formulierte als Aufgabe die Frage: „Wie kann man Beamte in Brennpunkten entlasten?“ Noch schwieriger sei die Situation für Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, die mit einer beruflichen „Legende“ leben müssten. Die Angebote des Amtes, Mitarbeiter zu stabilisieren und ihre Fähigkeit zur Selbstkritik zu erhalten, seien unzureichend.