Der Schriftsteller Salman Rushdie (76) hat auf der Frankfurter Buchmesse für die Freiheit der Literatur plädiert. Es tue ihm leid, dass junge Autorinnen und Autoren aufgrund kultureller Bedenken Unsicherheit beim Schreiben empfänden, sagte Rushdie am Freitag in Frankfurt am Main. Wenn jede und jeder nur noch über die eigene soziale oder kulturelle Zugehörigkeit schreiben dürfe, sei dies der Tod der Kunst. Die Kunst bestehe gerade darin, andere Figuren zu erfinden. Er wolle junge Autorinnen und Autoren dazu ermutigen.
In seinem eigenen Fall habe er den Mordaufruf des früheren iranischen Revolutionsführers Ayathollah Khomeini nie vergessen, sagte Rushdie. Ihm sei bewusst gewesen, dass ein Attentat geschehen könnte. Als er im vergangenen Jahr in den USA tatsächlich angegriffen und lebensgefährlich verletzt wurde, sei es doch überraschend gewesen. „Ich bin glücklich, noch hier zu sein“, sagte der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels. „Es war knapp.“ Aber er sei grundlos optimistisch. „Bücherschreiben ist ein Akt des Optimismus.“
Rushdie bezeichnete sowohl den „religiösen Faschismus“ als auch die Zerstörung der Demokratie von innen als gefährliche Entwicklungen der Gegenwart. „Man muss gegen sie beide kämpfen“, sagte er. Der Schriftsteller kritisierte, dass Regierungen Autoren vor Gericht anklagten, weil diese ihre Politik kritisierten, so wie in den Fällen von Roberto Saviano in Italien und Arundhati Roy in Indien. Zum aktuellen Krieg zwischen der Hamas in Gaza und Israel sagte Rushdie, er sei erfüllt von Entsetzen. Er lehne Krieg ab: „Unschuldige Menschen sterben.“ Er hoffe, dass die Feindseligkeiten baldmöglichst beendet würden.
Rushdie lehnte die Vorstellung ab, dass Literatur eine Funktion zu erfüllen habe, etwa Gewalt zu überwinden. Wenn Literatur einen Nutzen haben sollte, dann den, Schönheit hervorzubringen und den Geist zu inspirieren, sagte er. „Literatur zeigt uns eine Welt von Offenheit und Vielfalt und Toleranz.“ Der Schriftsteller schloss: „Ich mag keine Bücher, die mir sagen, wie ich zu denken habe. Ich mag Bücher, die mich zum Denken anregen.“ Am Sonntag wird Rushdie der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche verliehen.