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Risiko von Partnerschaftsgewalt trifft auch junge Frauen

Viele junge Frauen erkennen erst im Nachhinein, dass sie Opfer von Partnerschaftsgewalt waren – das berichtet die Scheidungsanwältin Sandra Günther. Besonders gefährdet seien jene, die Gewalt in der Familie erlebt haben.

Das Risiko, als Frau zum Opfer von Partnerschaftsgewalt zu werden, ist einer Juristin zufolge in jungen Jahren größer. “Gewalt lässt sich als junger Mensch schwerer einordnen. Wenn es dann auch noch die erste große Liebe ist, die handgreiflich wird, hat man zwar vielleicht Störgefühle, kann es aber dennoch nicht unbedingt einordnen, weil man unreif ist”, sagte Sandra Günther, eine auf Familienrecht spezialisierte Anwältin aus Dortmund, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Weltweit ist fast jede vierte Frau zwischen 15 und 19 Jahren, die in einer Beziehung ist, von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervor, die Daten aus 161 Ländern ausgewertet hat. Dabei gibt es große regionale Unterschiede: Während in Papua-Neuginea demnach etwa jede zweite junge Frau in einer Beziehung Gewalt erfährt, sind es in Georgien drei Prozent der 15- bis 19-Jährigen. In Mitteleuropa erleben demnach zehn Prozent der jungen Frauen Gewalt in einer Beziehung.

Laut Günther kommen die wenigsten ihre Klientinnen erst in der Mitte ihres Lebens mit Partnerschaftsgewalt in Kontakt: “Sie sind meistens schon jahrelang in einer gewaltvollen Beziehung oder haben zwar wechselnde Partner, aber immer gleiche Beziehungsmuster.” Grundsätzlich sei Partnerschaftsgewalt zwar nicht unbedingt eine Frage des Milieus; allerdings stellt die Juristin fest, dass von den eigenen Eltern vernachlässigte junge Frauen häufiger in gewaltvollen Beziehungen landen würden. “Sie sind bereit, mehr einzustecken, um Liebe zu erfahren”, so die Juristin. Wer von den eigenen Eltern Gewalt vorgelebt bekomme, sehe sie zudem später in eigenen Beziehungen eher als normal an.

Laut Günther wird Opfern häufig erst im Nachhinein klar, dass sie in einer Beziehung überhaupt Gewalt erlebt haben – oder sie sprechen aus Scham erst Jahre später darüber. “Wenn junge Frauen zu mir kommen, kommen sie meist in Begleitung eines Elternteils oder der älteren Schwester. Das sind die treibenden Kräfte, die eine Wiedergutmachung oder Verurteilung sehen wollen”, berichtet die Rechtsanwältin.