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Religion als Chance zum Frieden

STUTTGART – Religionen sind nach Auffassung des Politologen und Friedensforschers Andreas Hasenclever bei der Überwindung von Kriegen und Gewalt nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Religiöse Überlieferungen könnten zwar eine gemeinschaftliche Identität stiften und so Konflikte anfeuern, sagte Hasen­clever beim evangelischen Kirchentag in Stuttgart. In dieser Funktion unterschieden sie sich aber nicht von Ethnizität oder politischer Ideologie. Religionen seien im Kern zu komplex, um einfache Schwarz-Weiß-Malereien zuzulassen, die nötig seien, um in den Krieg zu ziehen. „Ob Gewalt im Namen von Religion, Ideologie oder Ethnizität gerechtfertigt wird, ist für die konkreten Konfliktverläufe etwa so bedeutsam wie der Unterschied zwischen Wodka, Whisky oder Gin für die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen“, sagte der Tübinger Wissenschaftler. Krieg und Gewalt seien irdische Phänomene: „Um sie zu erklären, brauchen wir den Himmel nicht.“ Wie es anders gehe, zeigten etwa in Afrika zahlreiche christlich-muslimische Räte, die einer Eskalation von Gewalt vorbeugen wollten.
Wer den Glauben instrumentalisiere, um in den Krieg zu ziehen, lege die Religion extrem einseitig aus, ergänzte Hasenclever: „Das ist dann eine halbierte Religion, eine Religion ohne Glauben.“ Um dem vorzubeugen, sei selbstkritische religiöse Bildung wichtig, die ein klares Verständnis vermittele von dem, was Religion sei, was sie verheiße und was sie leisten könne: „Aus meiner Sicht sollte dann klar sein, dass zwischen dem, was der sogenannte 'Islamische Staat' oder Boko Haram treiben und dem, was wir sinnvollerweise unter Religion verstehen können, ein himmelweiter Unterschied besteht.“ epd