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Reformierte ehren christlichen Widerstand in der NS-Zeit

Die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche, Susanne Bei der Wieden, hat den christlichen Widerstand in der NS-Zeit gewürdigt. Am Vorabend des 90. Jahrestages der Barmer Theologischen Erklärung betonte sie am Donnerstagabend in einem Vortrag in Emden die andauernde Aktualität der Erklärung: „Stand sie damals für den protestantischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus, so steht sie damit eben auch heute noch gegen alle radikalen, menschenverachtenden und häretischen Tendenzen in unserer Kirche.“

In der am 31. Mai 1934 in Wuppertal-Barmen veröffentlichte Erklärung hatten sich bekennende Christen 1934 von Ideologie des NS-Staates und von darauf gründenden theologischen Irrlehren abgegrenzt. Sie gilt als zentrales Dokument des Kirchenkampfes in der NS-Zeit. In der Verfassung der reformierten Kirche wird sie im Paragraf 1 als Bekenntnisgrundlage erwähnt. Außerdem werden die reformierten Pastorinnen und Pastoren bei ihrer Ordination auf die Erklärung verpflichtet.

Die Kirchenpräsidentin räumte ein: „Die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland gehört nicht zu den ehrwürdigen Teilen der Kirchengeschichte der Evangelisch-reformierten Kirche – im Gegenteil. Es gab sie, die Verknüpfung des politischen Ja zu Hitler und des kirchlichen Ja zu Christus“.

Es mache sie „beklommen“, dass es angesichts der politischen und gesellschaftlichen Situation heute wieder nötig sei, auf die Barmer Erklärung hinzuweisen, sagte Bei der Wieden laut Manuskript. Deshalb habe die Gesamtsynode mit Bezug auf die Kirchenverfassung festgehalten, dass es mit dem christlichen Selbstverständnis nicht vereinbar sei, „anderen Menschen oder Menschengruppen die Gleichheit und Würde abzusprechen, egal ob es um Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Behinderung oder andere Eigenschaften geht“. Genau 87 Jahre zuvor habe der Landeskirchentag am 24. November 1936 beschlossen, dass die Lehrmeinungen der Deutschen Christen mit den Bekenntnissen der reformierten Landeskirche unvereinbar seien.

Kirche und Politik seien ineinander verwoben, unterstrich die Theologin: Das Einmischen, das Stärken der biblischen Aussagen und das entsprechende Entgegenstellen von Antithesen seien von immenser Bedeutung. Sie fügte hinzu: „Nie wieder ist jetzt.“

Am Donnerstag hatte die reformierte Kirche mit einem sogenannten Stolperstein vor der Emder Johannes-a-Lasco-Bibliothek ein sichtbares Zeichen setzen lassen. Sie ehrte damit ihren früheren Emder Pastor Hermann Immer (1889-1964). Der Stein ist mit einer Messingplatte versehen, auf der sein Name und seine Lebensdaten eingraviert sind. Immer sei als „widerständischer Geist der Bekennenden Kirche“ und als NS-Verfolgter in Erinnerung.