Der „Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien“ koordiniert das Jubiläum 2017.
Von Bettina Bertram
Der Dom St. Petri in Bautzen ist das steinerne Symbol des friedlichen Zusammenlebens verschiedener Konfessionen in der Oberlausitz. Die Kirche bietet seit der Reformation Protestanten und Katholiken ein gemeinsames Dach. „Diese Kirche steht für Reformation und gelebte Glaubenstoleranz in der Oberlausitz“, sagte in der vergangenen Woche in Görlitz Oberkirchenrat Christoph Seele, der für die EKBO Ansprechpartner der evangelischen Kirchen beim Freistaat Sachsen ist. Deshalb werden in St. Petri am 6. Januar 2017 offiziell die Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum für Sachsen eröffnet.Die Projekte zum Reformationsjubiläum in der Oberlausitz werden vom „Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien“ gebündelt. „Kulturräume“ sind regionale kulturelle Zweckverbände, eine Besonderheit in Sachsen, die Kulturmaßnahmen und –einrichtungen fördern. Das Gesamtprojekt des Kulturraumes Oberlausitz-Niederschlesien, dessen Mitglieder die Kreise Görlitz und Bautzen sind, heißt zur Reformationsdekade „Gesichter der Reformation“. Unter diesem Dach werden bis 2017 vielfältige Projekte wie die Wanderausstellung „Reformation in Schlesien“, Theaterstücke wie „Luther war nie in Schlesien“ (siehe Seite 9) und Publikationen wie „Orte der Reformation“ koordiniert und weitgehend finanziert. Im Auftrag des Kulturraumes haben die Historiker Lars-Arne Dannenberg und Matthias Donath die soeben erschienene 92-seitige Broschüre „Oberlausitz. Orte der Reformation“ herausgegeben. Das reich bebilderte Journal hat den frisch renovierten Innenraum der St. Petri Kirche Bautzen auf dem Titel. Unter der Überschrift „Reformation und kirchliches Leben in der Oberlausitz“ skizzieren beide Autoren die Besonderheiten der konfessionellen Vielfalt zwischen Bautzen, Löbau, Zittau, Görlitz und Lauban durch die Jahrhunderte. Während sich in der Reformationszeit ein Großteil der Bevölkerung innerhalb weniger Jahrzehnte der neuen Lehre öffnete, blieben die Zisterzienserinnenklöster St. Marienthal und St. Marienstern, das Magdalenerinnenkloster Lauban sowie das Bautzener Domstift katholisch. Aber man fand lebbare Einigungen, wie die gemeinsame Nutzung des Doms seit 1540 zeigt. Die Oberlausitz, die von der Gegenreformation verschont blieb, wurde zum Zufluchtsort für evangelische Glaubensflüchtlinge aus Habsburger Landen. In Herrnhut siedelten sich mährische Exulanten an, die die Brüdergemeine gründeten. 1815 erfolgte die Teilung der Oberlausitz in den sächsischen und den preußischen Teil, quer zu gewachsenen Strukturen, so Dannenberg und Donath. Diese Teilung ist landeskirchlich bis heute sichtbar. Schlicht bis Rokoko
Ein anderes Kapitel der Broschüre beleuchtet protestantische Kirchenbauten. Darin werden die Grenzkirche von Podrosche, der schlichte Herrnhuter Betsaal, Bartning-Kirchen oder die umgesetzte und nachgebaute Dorfkirche von Deutsch-Ossig mit dem Rokoko-Interieur, die dem Tagebau weichen musste, vorgestellt. Den sorbischen Einwohnern der Oberlausitz ist ein Kapitel gewidmet. Marius Winzeler, Direktor der Sammlung Alte Kunst an der Prager Nationalgalerie, stellt den beeindruckenden „Zittauer Epitaphienschatz“ vor. Ein weiteres der aktuellen Projekte im Rahmen der Reformationsdekade „Gesichter der Reformation“ ist die Wanderausstellung „Reformation in Schlesien“, die derzeit von der Kulturreferentin für Schlesien, Annemarie Franke, und dem Schlesischen Museum Görlitz vorbereitet wird. Dieses Projekt ist ein Teil des Ausstellungsvorhabens „Reformation im östlichen Europa“, das vom Deutschen Kulturforum östliches Europa in Potsdam verantwortet wird. Daneben werden weitere Einzelschauen beispielsweise zu Böhmen-Mähren und Siebenbürgen realisiert. Damit soll gezeigt werden, „dass die Reformation zwar von Deutschland ausging, aber weltweit Auswirkungen hatte“, so Franke. In der Schau sollen unter anderem Breslau als frühes Zentrum der Reformation, die Ausmaße der Gegenreformation oder das Wirken von Innerer Mission und Diakonie im 19. Jahrhundert beleuchtet werden. „Ein so kompakt gebündeltes, vielfältiges und grenzüberschreitendes Projekt wie die ,Gesichter der Reformation‘ unter der Federführung des Kulturraumes Oberlausitz-Niederschlesien ist einmalig“, sagt Oberkirchenrat Christoph Seele.[lt]
Lars-Arne Dannenberg und Matthias Donath (Hrsg.). Oberlausitz. Orte der Reformation. Leipzig 2016, 9,90 Euro