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Rechercheführer hilft Betroffenen von Kinderverschickung im Südwesten

Bundesweit wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwischen acht und zwölf Millionen Kinder in Kur geschickt. In den Heimen erlebten sie allerdings vielfältige Formen von Gewalt, heißt es in einem Bericht der Projektgruppe „Aufarbeitung Kinderverschickung“ des Landesarchivs Baden-Württemberg, der am Dienstag in Stuttgart vorgelegt wurde. Es habe Schläge, Essenszwang, Kollektivstrafen, sexualisierte Gewalt und unerlaubtes Medikamentieren gegeben.

Die Projektgruppe hat sich seit Mai 2022 gemeinsam mit Betroffenen und dem Runden Tisch des Sozialministeriums an die Aufarbeitung gemacht. Für rund 100 Betroffene seien individuelle Recherchen durchgeführt worden, hieß es weiter. Das Projektteam hat nun den Angaben zufolge einen Rechercheführer erstellt, der es Betroffenen leichter machen soll, mehr über die Kinderverschickung zu erfahren.

In Baden-Württemberg hat es zwischen 1949 und 1980 rund 470 Kinderkurheime gegeben, ein Großteil davon im Schwarzwald. 212 der Heime waren in privater Hand und wurden durch Einzelpersonen geführt, rund 120 befanden sich in kirchlicher Trägerschaft.

Über den aktuellen Wissensstand informiert ab dem 4. Oktober auch die Ausstellung „Freude und Erholung – Kinderverschickung in Baden-Württemberg 1949 – 1980“ im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) lobte in einer Videobotschaft das Projekt. Betroffene könnten dadurch Puzzleteile ihrer Lebensgeschichte wieder auffinden und besser verstehen. „Sie haben damit Leid gelindert, Menschen geholfen und gleichzeitig einen entscheidenden Beitrag in der Aufarbeitung der Kinderverschickung geleistet“, sagte der Minister. (2209/01.10.2024)