Wer Christinnen und Christen aus Afrika oder Asien treffen möchte, muss dazu schon lange nicht mehr ins Flugzeug steigen und lange Reisen unternehmen. Ein Blick in die Nachbarschaft genügt. Viele Gemeinden unterschiedlicher Sprache und Herkunft versammeln sich in Gemeindehäusern und öffentlichen Gebäuden, um sonntags Gottesdienst zu feiern oder an einem Wochentag die Chorprobe abzuhalten. Sie beten und singen auf Englisch oder Französisch, Ewe oder Twi, Spanisch oder Niederländisch oder Finnisch… In vielen Sprachen erklingt das Lob Gottes.
Einige Hundert dieser Gemeinden gibt es in Nordrhein-Westfalen. Um ein besseres Kennenlernen zu ermöglichen, wurde gemeinsam mit der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Evangelischen Kirche im Rheinland der „Internationale Kirchenkonvent Rheinland-Westfalen“ (IKK) im Oktober 2012 gegründet. Er ist ein Netzwerk von Gemeinden, die historisch aus der Reformation erwachsen sind, inzwischen aber häufig auch dem Bund der Pfingstkirchen angehören oder charismatische Züge aufweisen. Alle Mitglieder sind zur geistlichen Gemeinschaft eingeladen, zu gemeinsamen Veranstaltungen und Fortbildungen. Über 100 Gemeinden unterschiedlicher Sprache und Herkunft gehören dazu, einmal jährlich trifft man sich zur Vollversammlung.
„Hier ist ein Stück weltweiter Ökumene vor Ort sichtbar“: Mit diesem Satz wurde die letzte Zusammenkunft eröffnet, die im April 2019 stattfand. Vertreterinnen und Vertreter aus etwa 60 Gemeinden versammelten sich in der Lutherkirche im Dortmunder Norden zu einer Zukunftswerkstatt. In Arbeitsgruppen und im Plenum wurden wichtige Fragen diskutiert: Was bedeutet uns der Internationale Kirchenkonvent? Wie können wir ihn in der Öffentlichkeit sichtbarer machen? Wie können wir als Christinnen und Christen in dieser Welt mit einer Stimme reden – auch wenn uns unsere Herkunftsländer und Sprachen unterscheiden?
Ein Wort aus dem Epheserbrief bildet die biblische Grundlegung des Internationalen Kirchenkonvents: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen“(Epheser 2, Vers 19). In der Praxis sieht dies jedoch oft anders aus. Gemeinden unterschiedlicher Sprache und Herkunft feiern ihre Gottesdienste in Kirchen und Gemeindehäusern der Landeskirche, werden dort jedoch häufig nicht als Mitbürger behandelt, sondern als Mieter gesehen, deren Rechte begrenzt sind. Sonntags klingen Lobpreislieder aus Migrationskirchen, die sich in Hinterhöfen, Werkstätten und Tanzschulen versammeln, doch ihre Präsenz wird neben den großen Kirchen in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.
Der Internationale Kirchenkonvent sucht nach Wegen guter geschwisterlicher Zusammenarbeit und möchte mithelfen, die Einheit in versöhnter Verschiedenheit der christlichen Bekenntnisse zu fördern. Zusammen mit den anderen versteht sich jede Gemeinde als Teil des Leibes Christi in Deutschland und verpflichtet sich damit auch zur ökumenischen Zusammenarbeit.
Was bedeutet das für die Zukunft? Im Workshop „Ziele und Visionen“ wurden auch schwierige Themen nicht vermieden. Gefordert wird zum Beispiel ein Kirchenbild, in dem sich die Vielfalt und die Farben des Internationalen Kirchenkonvents abbilden. „Entwicklung einer migrationssensiblen Ekklesiologie“ steht auf einem der Notizzettel, mit denen das Komitee nun weiterarbeiten wird. Das klingt auf den ersten Blick kompliziert und ist es vielleicht auch. Aber an manchen Orten arbeiten die westfälischen und rheinischen Gemeinden ja schon eng zusammen mit ihren Glaubensgeschwistern aus aller Welt. Sie wissen, wie spannend es ist, verschiedene Glaubensgeschichten miteinander ins Gespräch zu bringen. Im Gottesdienst klingen mehrere Sprachen. Noch sind die Möglichkeiten, gemeinsam Kirche sein zu wollen, längst nicht ausgeschöpft.
Überprüft wird das Verhältnis zu den großen Landeskirchen auch im Blick aufs Pfarramt. Wird sich der pfarramtliche Dienst eines Tages auch für Theologinnen und Theologen aus Migrationskirchen öffnen? Welche Möglichkeiten der Qualifizierung werden hierfür geschaffen? Wie können kirchliche Parallelgesellschaften vermieden und überwunden werden? Und wann wird es gelingen, Finanzen zu teilen?
Die Ziele und Visionen des internationalen Kirchenkonvents sind bunt und vielfältig. Doch die Schritte der Umsetzung werden vor Ort und in der Praxis Energie kosten und den guten Willen aller Beteiligten benötigen.
Nach der Vollversammlung wird das Komitee (siehe Kasten) des Internationalen Kirchenkonvents mit den Impulsen weiterarbeiten. Junge Erwachsene aus unterschiedlichen Gemeinden und aus den beiden Landeskirchen haben eine intensivere Zusammenarbeit verabredet. Und natürlich: Der Kirchentag naht!
Dann bietet der Internationale Kirchenkonvent zwei Gottesdienste an. Beide finden am Freitag, 21. Juni, im Zentrum Gottesdienst statt. Um 16 Uhr feiert der IKK Youth „Jesus Christ for all Nations“. Und am Abend um 19.30 Uhr lautet die Überschrift des Internationalen Gottesdienstes: „Was für ein Vertrauen in den Heiligen Geist“.