Artikel teilen:

Psychotherapeut: So kann man belastenden Angst-Momenten begegnen

Spinnenphobie, Panik in engen Räumen oder ständige “Horrorfilme” im Kopf: Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland. Betroffene können jedoch gegensteuern.

“Nie wieder Angst”: Diese Vorstellung ist aus Sicht des Psychotherapeuten Andreas Hillert unrealistisch. Kurze Wege aus Angststörungen funktionierten meist nicht, sagte der Chefarzt und Leiter der Tagesklinik der Schön Klinik Roseneck im bayerischen Prien am Donnerstag. Am (morgigen) Freitag erscheint sein Buch “Stark gegen Ängste”.

In der Gesellschaft hätten Ängste derzeit Konjunktur, fügte Hillert hinzu. Dabei helfe es auch etwa beim Umgang mit dem Klimawandel nicht, in Panik oder Schockstarre zu verfallen. Er wies zugleich darauf hin, dass Angst ein überlebenswichtiges Gefühl sei, um Gefahren ernstzunehmen: “Ohne die entsprechenden Signale wären wir als Spezies längst ausgestorben.”

Problematisch werde es, wenn die Situation dem Angsterleben nicht entspreche, wie es etwa bei Phobien oder Panikstörungen der Fall sei. Die Grenze, wann jemand gegen eine Angststörung vorgehen wolle, hänge vom einzelnen Menschen und dessen Lebenssituation ab. Um handlungsfähig zu bleiben, sei es für Betroffene meist am effektivsten, sich der Angst zu stellen. “Das klingt einfach, ist aber sehr kompliziert”, sagte Hillert. Manche Menschen berichteten, dass sie stundenlang maximale Angst erlebten – physiologisch sei dies aber nur für Sekunden bis Minuten möglich.

Bei der sogenannten Exposition sei das Ziel, “voll in die Angst” zu gehen, erklärte der Mediziner. Wer sich etwa mit Höhenangst auf einen Turm oder mit Platzangst in einen Aufzug begebe, die Angst zulasse und dann erlebe, wie die Reaktion abklinge, schaffe sich selbst eine gute Basis: “Das Gefühl, eine schwierige Situation einmal bewältigt zu haben, kann sehr hilfreich sein.”

Dabei gehe es nicht um gefährliche Situationen im engeren Sinne, betonte Hillert. Wer sich eine solche Konfrontation nicht vorstellen könne, dem könnten auch Techniken der Achtsamkeit helfen, etwa die Vorstellung, die eigene Angst schwimme wie ein Blatt auf einem Bach davon. “Allerdings ist man davon oft weit entfernt, wenn man vor Angst erstarrt oder panisch wird.”