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Psychologin: Hochbegabte haben nicht mehr soziale Probleme als andere

Über hochbegabte Kinder gibt es viele falsche Vorstellungen. So müssen sie nicht unbedingt in allen Bereichen sehr gut sein, sagt Psychologin Nicole von der Linden von der Begabungspsychologischen Beratungsstelle der Universität Würzburg. „Man kann zum Beispiel nur im sprachlichen Bereich sehr fit sein oder nur im Umgang mit Zahlen“, erläuterte die promovierte Psychologin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch dass Hochbegabte häufig soziale Probleme und keine Freunde haben, könne die Forschung nicht bestätigen. Ebenso müssten Eltern keine Angst haben, dass ihr hochbegabtes Kind besonders anfällig für psychische Störungen sei: „Auch das findet die Forschung nicht häufiger als bei anderen.“

Nach dem Lehrbuch hochbegabt, also mit einem Intelligenzquotienten (IQ) über 130, seien gut zwei Prozent aller Kinder. „In unserer Beratungsstelle sehen wir, dass Kinder im überdurchschnittlichen Intelligenzbereich oft ähnliche Fragestellungen haben“, sagt von der Linden. Das könne auch auf Kinder zutreffen, die etwas unter den 130 liegen. Ab sieben oder acht Jahren könnten bei IQ-Tests einigermaßen stabile Ergebnisse erzielt werden. Anzeichen für eine Hochbegabung seien etwa, dass ein Kind ein gutes Gedächtnis hat, eine gute sprachliche Ausdrucksfähigkeit oder einen sehr großen Wortschatz mit Fach- oder Fremdwörtern. Laut der Psychologin können hochbegabte Kinder gut logisch denken, haben oft eine große Lernfreude und manchmal ein enormes Detailwissen in Bereichen, die für ihr Alter eher ungewöhnlich seien, wie Philosophie oder Politik.

Wer das bei seinem Kind feststelle, müsse sich aber nicht unbedingt beraten lassen. „Ich würde mich erst einmal freuen, wenn ich ein schlaues Kind habe“, sagt von der Linden. Wenn das Kind in der Schule und zu Hause glücklich und ausgelastet sei, bestehe in der Regel kein Handlungsbedarf. Ein Gespräch bei einer Beratungsstelle oder auch mit der Lehrkraft sei dann sinnvoll, wenn es konkrete Fragen gebe oder das Kind sich über lange Strecken in der Schule langweile und sich nach anspruchsvolleren Aufgaben sehne.

Dann gebe es verschiedene Fördermöglichkeiten, wie das Überspringen von Klassen oder das Wechseln in sogenannte Hochbegabten- oder Talentklassen, in denen Hochbegabte unter sich lernen. Aber auch ergänzende Angebote außerhalb des Schulunterrichts, wie Arbeitsgemeinschaften oder Wettbewerbe, seien für manche Kinder sinnvoll. „Das ist immer eine individuelle Entscheidung, man muss das Kind und die Familie als Ganzes in den Blick nehmen“, betont von der Linden. (00/2574/01.09.2024)